Astra Kid – Müde, ratlos, ungekämmt

Ab sofort Ohren steif halten, Dattelner! Euer Ruhrpottstädtchen wird bald das Leimen des deutschen Indierock sein. Wenn ihr nicht wisst, was Indierock ist, auch egal. Die Reporter von MTV und eurer Regionalzeitung werden’s euch beibringen. Wenn „Schwarzfahren“, die erste Single-Veröffentlichung vom neuen Album des Dattelner Vierers kein Hit wird, weiß ich’s auch nicht. Im Windschatten von Toco-Tristesse und Tomte-Hype ist da eine Band für die Main Stage herangewachsen. Im stärksten Song dieser Kollektion liegen Astra Kid am Kanal und räsonieren über Naherholungsromantik und das Wasser und die Farbe Blau. Stimmige Heimatmusik. Dass es an ein, zwei anderen Stellen ein bisschen läppisch wird („Oh, bitte, bitte, lass mich dein Rhythmuskäfer sein“) – geschenkt. Die wissen schon, was sie können und was nicht. „Ich bin kein Held“, singt Stefan Götzer in „16 zu 9“, und wer das als Antwort auf das Berliner Frauchenwunder Wir sind Helden lesen möchte, soll es ruhig tun. Astra Kid sind der momentan eingängigste Gegenentwurf zum Hauptstadtgetöse mit 80er-Jahre-Quengel-Keyboards. Chorsätze von der Dattelner Freiheit, betont schmuckloser Indie-Rock aus dem Jugendzimmer deines kleinen Bruders. Songs, die von Dingen berichten, um die andere kein Aufhebens machen: Parkplatzsuche in Münster, Nichtstun, die Freundin in der Jogginghose. „Müde, ratlos, ungekämmt, in einem knitterfreien Hemd“ steht einer vor der Ikea-Küchenzeile, und das Bild dazu sucht man am besten bei H&M oder Gap. Uns fällt da gerade der Experte für gepflegte Oberteile unter den deutschsprachigen Dichtern ein, Max Goldt: „ungeduscht, geduzt und ausgebuht“.

>>> www.astrakid.de