CocoRosie :: Noahs Ark

Songs: Raus aus dem Badezimmer der Träume, rein in die Welt der Komplikationen.

Es gibt nicht viele Platten im Pop, die unter Einsatz einer Kaffeemühle entstanden sind, und kaum einer unter ihnen wird man auch noch nachsagen können, daß sie ziemlich sexy klingt. Was im Falle des 2004er Debüts von CocoRosie (La Maison De Mon Reve) auch mit den Stimmen von Bianca und Sierra Casady zu tun hatte, mit dem Krächzen und Leiern im LoFi-Folk, das in einem Badezimmer mitgeschnitten wurde, und der Tatsache, daß diese Lieder gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Das wollen CocoRosie von Album Nummer zwei nun nicht mehr sagen. Im Gegenteil: War La Maison De Mon Reve von einer zauberhaften Inwendigkeit bestimmt, will „Noah’S ARk“ hinaus in die Welt der Komplikationen. Die Aufnahmen entstanden auf dem Bauernhof der Mutter, in Brooklyn, in U-Bahnen, Hotelzimmern, mit und ohne Computer. Die Songs spielen auf die Beziehungen zu den befreundeten Künstlern der Banhart-Großfamilie an. Das Engelsfalsett von Antony taucht in „Beautiful Boys“ auf, Freakfolk-Häuptling Banhart ist in „Brazilian Sun“ zu hören. Wenn man Sierra Casady, die ältere der beiden Schwestern, nach ihrer Lieblingsmusik fragt, sagt sie ohne Umschweife: Techno. Im „Tekno Love Song“ ist zwar nicht zu erfahren, wie die Liebe zur Dance Music bei den Casadys aussieht, aber schenkte man diese Melodie Coldplay oder U2. legten sich Friede, Freude und Marihuana-Wolken über die Arenen der Welt. Technokompatibel so gesehen auch. Bei CocoRosie bleibt der „Tekno Love Song“ lieber daheim, bebildert mit den Obsessionen und Ängsten des Tages. Den Songs hört man die verschiedenen Orte, an denen sie entstanden sind, kaum an, Bianca und Sierra haben inzwischen ein Verfahren entwickelt, das jedes Lied auf CocoRosie-Kurs hält: Die Aufnahmen klingen immer etwas verschmiert, verwischt. Der Sound, den die Mystik-Gemeinde gerade noch gesucht hat, dazu gehören Biancas Katzengesang, die kurz vorm Kitsch gebauten Piano- und Harfenmelodien, Klopf- und Schnaufbeats aus dem Handgelenk und ein paar Geräuschspuren aus der gut sortierten Abfallkiste des MC Spleen. Wer macht das jetzt alles nach? VÖ: 13.9.

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