Elvis Costello :: North
Jazz: Ein großer Songwriter flirtet mit der seichten Unterhaltung.
Eigentlich ist Elvis Costello über jeden Zweifel erhaben, seine musikalische Biografie unantastbar. Aus diesem Grund drückt man bei ihm gerne mal ein Auge zu. Seine gefühlsduseligen Ergüsse über das Liebesleben verlangen jedoch nach einer Augenbinde. Mit Fässern von Schmelz in der Stimme setzt Costello die sanfte Linie fort, die er gemeinsam mit der Sängerin Anne Sofie von Otter auf dem Album For The Stars begonnen hat. Klassische Jazz-Arrangements, ein zuckriges Klavier, dazwischen ein paar vereinzelte Streicher. Songs, so träge wie die flimmernde Luft in der Mittagshitze, allesamt von einem Weichzeichner überzogen. Elvis Costello scheint es mit den Helden des klassischen Entertainments aufnehmen zu wollen. Und so schmachtet er wie Nat King Cole, Dean Martin und Frank Sinatra bei einer Gala der brünftigen Hirschen. Man kann das Ambiente förmlich riechen, das die fließenden Strukturen der elf Songs herbeizauberte: ein Parkettboden, den Duft von frischem, harzigem Wachs verströmend, darauf eine Armee weißer Kerzen. Hie und da gleiten heiße Wachstropfen auf den Boden. In der Mitte erhebt sich ein schwarz-glänzender Flügel, Steinway oder so, und auf ihm blinkt die transparente Silhouette einer champagnerschlürfenden Lady. Hätte sich Joe Cocker an knietiefen Jazzschmonzetten versucht, okay. Aber bei Elvis Costello kommt man schon ins Grübeln.
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