Faust

Punkt.

Bureau B/Indigo (VÖ: 13.5.)

Erstmals als singuläres Album: Kraut-, Jazz- und Elektro-Rock, der 1974 auf dem Abstellgleis gelandet war.

Das Leben von Faust in ihrer Kernbesetzung war kurz, intensiv, aufregend, extrem kreativ und derart spannungsgeladen, dass es fast zwangsläufig zur Implosion kommen musste. Die in Hamburg formierte Gruppe nahm einen Vorschuss ihrer Plattenfirma und baute sich bei Scheeßel ein Studio, in dem zwischen 1971 und 1972 die Alben FAUST und SO FAR entstanden. Die Verkäufe waren mäßig, erregten aber immerhin die Aufmerksamkeit von Richard Branson und seinem damals innovativen Label Virgin Records.

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Im Frühjahr 1973 wurden Faust ins Manor House nahe Oxford eingeladen, wo Branson ein Studio samt Wohnatelier eingerichtet hatte. Die Band brachte nicht nur ihr Equipment mit, sondern auch Kurt Graupner, den für sie unersetzlichen Toningenieur und Erbauer von Effektgeräten. Branson fand das nicht so toll, er wollte seine eigenen Leute einsetzen. Die Band war auch nicht gerade begeistert, dass ein gewisser Mike Oldfield, der dort an TUBULAR BELLS bastelte, abends bellend unter den Esstisch krabbelte und den Wadenbeißer gab.

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So erzählte es jedenfalls Drummer Zappi mit dem Vermerk, einige Erinnerungen seien doch etwas verschwommen. Aber er könne sich noch gut entsinnen, wie er auf einer Party im Manor seine erste Line zog, niesen musste und filmtauglich das Koks zerstäubte. Oder vom Fahrer von Keith Richards eins aufs Maul bekam, weil er sich in dessen Stretch-Limousine über die Minibar hergemacht hatte und partout nicht aussteigen wollte.

Da stand man nun mit einem wunderbaren Werk, das keiner haben wollte

Im festen Glauben, weiterhin Mitglieder der Virgin-Familie zu sein, fuhren Faust im Mai 1974 nach München, um sich im Arabella Hochaus in Giorgio Moroders Musicland-Studio einzumieten. In nur acht Tagen, in faustischer Zeitrechnung ein Sprint, nahm die gerne ausufernd experimentierende Gruppe ein Album auf, das in alle Richtungen explodierte. Fast schien es, als hätte sich jedes Ego durchgesetzt, aber PUNKT. zerfranste nicht, es war ein Konzentrat. Faust wanderten zwischen Jazz- und Krautrock, futuristischer Elektronik und repetitiver Experimentalmusik mit Can’scher Rhythmik oder meditativen Momenten.

Jan Müllers „Reflektor“-Kolumne, Folge 12: Fünf Finger sind… So faszinierend ist Fausts Krautrock

Branson aber lehnte ab. Die Band hatte wohl im Vertrag überlesen, dass der Chef entscheidet, wo und wann aufgenommen wird. Da stand man nun mit einem wunderbaren Werk, das keiner haben wollte – und einer Rechnung für Studio und Hotel, die Branson nicht begleichen würde. Faust wurden festgesetzt, Familienmitglieder mussten sie auslösen. Die Band ging einfach auseinander und sollte so nie wieder zusammenkommen. Fast 50 Jahre später erscheinen nun die Aufnahmen aus München, neu abgemischt und überarbeitet, unter dem Titel PUNKT. Es ist die erste LP-Auskopplung aus der im Herbst 2021 veröffentlichten und rasend schnell ausverkauften Box FAUST 1971-74.

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