Fiona Apple
When The Pawn…
EPIC/SONY MUSIC
Der Titel dieses Albums besteht aus einem Gedicht und umfasst in seiner Gänze 90 Worte, deren komplette Aufführung ich mir ersparen will. Zu dieser leidenschaftlichen jungen Dame und ihrer Musik gibt es nämlich schon so genug zu sagen. Sie ist 22 Jahre alt, doch ihre tiefe, leicht derb und ziemlich erotisch wirkende Stimme scheint ständig etwas vom Leid einer langen Lebenserfahrung zu klagen. Diese Neigung war auf TIDAL noch stärker ausgeprägt, einem Debüt, das Fionas trauriges Gurren in die Nähe zum zerbrechlichen Gemütszustand von Alternative Rock-Ikonen wie Eddie Vedder oder gar Kurt Cobain katapultierte. Mit sich im Reinen ist sie noch lange nicht. „Hunger hurts, and I want him so bad, oh it kills cuz I know l’m a mess he don’t wanna clean up“, singt sie in „Paper Bag“. Ist ja manchmal auch wirklich eine Kreuz mit den Männernl Doch der Erfolg des Erstlings hat Fiona ein bisschen lockerer gemacht, und so klingt sie an der entscheidenden Stelle von „A Mistake“ („l’m gonna fuck it up again, l’m gonna do another detour…“) seltsam zynisch, beschwingt, ja kämpferisch. Ein angedeuteter HipHop-Beat treibt und elektronische Füllgeräusche verstärken die Spannung. Wie sich Fiona Apple, Produzent Jon Brion und Toningenieur Rieh Costey überhaupt richtig bemüht haben, keine Rock-Klischees widerzukäuen. Das Vaudeville-Piano spielt oft eine wichtigere Rolle als die Gitarre, dezente Orchesterarrangements vermitteln Zeitlosigkeit und die Rhythmusfiguren sind fantasievoll arrangiert. Mit dieser vom ersten bis zum letzten Akkord in den Sog des Erstaunens reißenden Platte aus einem Guss rechtfertigt Fiona Apple jeden einzelnen Buchstaben der Elogen, die vorher auf diese Frau der Zukunft angestimmt worden sind. Ihr Talent ist enorm, ihre Ehrlichkeit frappierend und ihr Mut bewundernswert. Ein Gedicht eben.