Gossip

Music For Men

Sony BMG VÖ: 23. Juni 2009

Interessant inszenierte Schnittmenge aus Future Funk und referenziellem, zitatreichem Discotum.

Bei aller Hochachtung: Gossip vermittelten vor gut zwei Jahren auf STANDING IN THE WAY OF CONTROL allzu oft das Gefühl, ihre Kräfte nicht richtig einteilen zu können. Beth Ditto war wie ein Motor ohne Schalldämpfer, die Band deshalb ein ältlicher Porsche: irgendwie geil und das Zusammenspiel erstaunlicher Fähigkeiten, aber manchmal nervig laut. Dass diese Probleme beseitigt wurden, dass Gossip auf MUSIC FOR MEN unter der Ägide von Rick Rubin zu einer Band geworden sind, die nicht mehr den Eindruck vermittelt, ständig gegen den Wind und deshalb doppelt so laut wie alle anderen singen zu müssen, ist eine ausgesprochen gute Nachricht. Stellenweise also Differenzierung, die bekanntermaßen gerade solcher Musik, die vom Groove lebt, gut tut. So ist „Dimestore Diamond“ ein angenehm reduzierter Schleicher, in dem anstelle von Discoremidemmi ein furztrockener Beat, fast verblüfft wirkende Noisegitarren und eine eher kühle Beth Ditto die Dinge gekonnt zum Ende bringen. Nebeneffekt dieser Besinnung aufs Wesentliche: Percussion braucht plötzlich nur noch drei, vier Töne, kann ganz am Ende des Songs stattfinden und ist dennoch relevanter Orientierungspunkt. Diese wirklich interessant inszenierte Schnittmenge aus Future Funk, referenziellem und zitatreichem Discotum mit leicht herabtemperierter DFA-Kante und kontemporärem Indie funktioniert auch im weiteren Verlauf des Albums gut. Gossip präsentieren sich in Stücken wie „For Keeps“ und „Love And Let Love“ verblüffend souverän, schütten aber auch ein paar veritable Hits aus dem Ärmel. Dringend hervorzuheben sind der Analog-Synthie- und Uuh-Uuh-Vocal-Overkill-„Four Letter Word“, ganz nebenher emotionales Wasteland der Spitzenklasse, und das dann doch auf die niederen Instinkte der Dancefloorcrowd zielende und bereits bekannte „Heavy Cross“. Das erinnert natürlich an den Monsterhit „Standing In The Way Of Control“, haushaltet aber besser und nutzt sich genau deshalb kaum ab. Nachhaltigkeit also, verbunden mit Stimmvolumen, Stärke im Claim („The Choice Is Yours, So Choose“) und einer nach wie vor beeindruckenden Präsenz: MUSIC FOR MEN gewinnt im direkten Vergleich mit dem Vorgänger tatsächlich auf allen Feldern.