John Cale

HoboSapiens Capitol/EMI Intellektuell anregender und detailver- liebter Art-Pop vom Velvet-Underground- Veteranen.

Mit der EP 5 Tracks kam kürzlich bereits ein viel versprechender Vorbote auf das erste reguläre Studio-Album des genialischen Velvet-Underground-Mitbegründers seit sieben Jahren, hobosapiens ist ein ungemein vielschichtiges Werk, dem über weite Strecken der Spagat zwischen Zugänglichkeit und Sperrigkeit, feinsinnigem Edel-Pop, störrischem Rock und avantgardistischer Verwegenheit gelingt. Ankündigungen, die Platte sei von Beck oder der Beta Band beeinflusst, kann man getrost vergessen, denn hobosapiens ist urtypischer Cale-Stoff. Es gibt vieles zu bewundern an diesem Album, so etwa die geistreichen, surrealen Texte oder die kunstfertigen Arrangements voller delikater Details – seien es bizarre Chöre oder Cales unnachahmlich unkonventionelles Keyboard-Spiel. Der6i-Jährige überrascht stellenweise mit ungewohnter Lockerheit, wie in den lebensfrohen Lautmalereien im wortlosen Stück „Bicycle“. Auch mit „Things“ bietet er eine leichtfüßige, beinahe radiotaugliche Pop-Melodie an, um jedoch mit „Things X “ gleich deren gnadenlose Dekonstruktion nachzuliefern. Das schönste, weil bewegendste Stück aber ist „Magritte“, eine poetische Hommage an den belgischen surrealistischen Maler, zu der John Cale auch einmal wieder die Viola auspackt. Ansonsten ist hobosapiens eine vor allem intellektuell anregende Songsammlung, der aber die unmittelbare emotionale Intensität abgeht, um an Meisterwerke wie Paris 1919 (1973], music fora new Society I1982] oder die LivePlatte FRAGMENTS OF A RAINV SEASON (1992] heranzureichen. Dennoch eine gute Platte – und allemal spannender und inspirierter als die letzten Alben von Lou Reed.

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