Portishead :: PNYC

Wer braucht sowas? Portishead haben gerade mal zwei Platten veröffentlicht, und schon kommt – pünktlich zum Weihnachtsreibach – ein Livealbum auf den Markt. Was gemeinhin als Best-Of-Kopplung in minderer Qualität rezipiert werden wird, ist in Wahrheit das vitale Dokument eines tragfähigen künstlerischen Konzepts. HipHop-Beats in schleppender Zeitlupe, anrührendes Songwriting, Beth Gibbons‘ warme Depressivität, Scratches, Samples, echtes Schlagzeug, echte Stromgitarre und ein ganzes Streichorchester wurden bei dem legendären Gig am 24. Juli letzten Jahres unter den berühmten Hut gebracht. Der Pomp bleibt aus, Songs wie „Over“ oder „Sour Times“ behalten nicht zuletzt deshalb ihre Transparenz, weil sich das Orchester erfreulich zurückhält und das Publikum zu andächtigem Schweigen weggemischt wurde. Geoff Barrow (Turntable, Drums) und Adrian Utley (Gitarre, Moog) haben sich als Regisseure des Abends einer intelligenten Reduktion der Mittel verschrieben und damit die flächigen Materialschlachten der Konkurrenz mühelos in den Schatten gestellt. Mal kakophonisch, mal episch sekundieren die New Yorker Philharmoniker dem spartanischen Set, und selbst das fragile Organ der Gibbons hat genügend Platz zur Entfaltung. Wer sowas braucht? Das braucht, wer die TripHopper bisher als Knöpfchendreher schmähte.