Rainbow von Martin Popoff

Bücher über Rockmusik sind meist unbrauch- und -genießbar. Halbgare Heroenhistörchen, und fade Tratschfladen zählen zuverlässig zu den Hauptingredienzen des Genres. „Aber die Engländer! Die Amerikaner!“ ruft der Leser, „die können es doch!“ Na ja, in dem einen oder anderen Fall vielleicht. Spätestens wenn deutsche Übersetzer Hand anlegen, ist es trotzdem um Sinn und Kohärenz geschehen. Das beweist einmal mehr diese eigentlich sympathisch rotzige, hie und da mit dem alten Krawallerzeugergitarrengott Blackmore harsch ins Gericht marschierende Monografie: Die Übertragung ist ein derart wüstes Sammelsurium aus Ahnungslosigkeiten, Ungeschicklichkeiten und Schlampereien, dass einem sämtliche Sinne schrumpfen – bis man dann auf Stellen stößt, die in ihrer jenseitigen Bescheuertheit mirakulös funkeln und eine Komik entfalten, die aus der angenehm berührenden Einsicht erwächst, dass die Sprache, sofern man sie nicht durch Regeln knebelt undzurechthobelt, halt am liebsten anstellt, was sie will; z.B. dies, hinsichtlich des Albums Rising (1976): „Man beachte auch die Symmetrie uon ‚Rising‘: vier Songs auf Seite eins und zwei auf Seite zwei. Das Cover ist ikonoklastisch, wie ein Anker, der wegweisende, emotionale Inhalt einmalig und eingebettet in eine selbstsichere, geschickte Mission. Das Selbstvertrauen. das die Scheibe ausstrahlt – und, wenn man so will, auch die Schwarzweißphotos -. erinnert sehr an Led Zeppelin.“ Ich musste lachen, sehr lachen. Über das Cover – ein keineswegs bilderstürmerisches, sondern beschämend bombastisch-kitschiges Machwerk im Stile billigster Heavy-Metal-Dämonologie- sagte der zeitweilige Rainbow-Keyboarder Tony Carey, zumindest die optische Gestaltung der Platte sei „echt beschissen“. Zudem stimmt an der ins Deutsche hinübergewürgten Würdigung inhaltlich-semantisch tatsächlich: absolut nichts. Schummrig schlingern die Worte umeinander, als wären sie besoffen von ihrer unauslotbaren missionarischen Nichtigkeit. Heinojaeger hätte es kaum besser hingekriegt. Nicht minder laben ein paar selbst mir, der ich Herrn Blackmores Neigung zu „practical jokes“ bereits des Öfteren nachgegangen bin (der Großkotz und Egomane ist ja nicht umsonst Monty-Python-Aficionado), bis dato unbekannte Anekdoten. Welch unfreiwillige Slapsticks Gary Driscoll, erster Schlagzeugerdes Purple-Ablegers, im Studio hinbretterte, weil ihm dauernd die Kopfhörer vom Schädel pfiffen, ist ebenso erfreulich wie die rabaukenhaft-infamen Streiche, die Blackmore etwa dem Promoter Eric Thompson spielte, den ervonRoadies nackt ausziehen und an Gurten überder Bühne baumeln ließ, oder dem gebeutelten Carey, der in Frankreich mitten in Aufnahmesessions zum Flughafen floh und dort aufgrund eines Hinweises von Mr. Blackmore an die Gendarmerie, der Tastenmann führe ein Kilo Kokain bei sich, in durchaus lustige Kalamitäten geriet. Those were the days – ausgeräumte Hotelzimmer, weiße Jaguarlimousinen, die an der Rezeption vorfuhren, anarchistische Narreteien, Bübereien noch und noch. Und zwischendurch schlug einer der vielen Drummer immer mal wieder eine „Schnarrtrommel“ (Übersetzung: Franziska Schöttner). Schnurrig.

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