Realistisch sein: das Unmögliche verlangen – von Walter Mossmann Edition Der Freitag, 256 Seiten, 19,80
Die flammenden Lebenserinnerungen eines der wichtigsten deutschen Song-Poeten.
Erstaunlich, mit welcher Impertinenz die Herrenreiter des Kampfbürgertums derzeit versuchen, „die 68er“ als Stasi-Projekt zu „entlarven“, um unser (! – remember Woody Guthrie?) Land medial zurückzubomben zum Land der Fleißigen und der Faulen, welch letztere man richtig rannchmen sollte, damit die Schornsteine wieder rauchen. Der Liedermacher, Poet, Journalist, Pohtaktivist u. v. m. Mossmann zeigt die Geschichte, wie er sie erlebt hat und wie sie jeder Mensch, der sein Buch liest, lieber erleben möchte. Es ist die einer Generation, vom Tramp-Trip nach Frankreich 1961 mit Klampfe und Brassens-Liedern, dem Erwachen des weltweiten Folk-Revivals, Blütenträumen auf Burg Waldeck, vom Nazivater, den er sein Leben lang zu verstehen versucht, der Auseinandersetzung mit dem fortwährenden deutschen Ungeist, dem im Gegensatz zu Italien, Spanien, Frankreich und anderswo keine Kontinuität des Widerstands gegenüberstand, bis in die Gegenwart, die Resignation angesichts der Übermacht von Ausbeutung, Erniedrigung, Einschüchterung. Mossmann resigniert nicht, er erzählt, begeistert und begeisternd, detailreich, witzig und bewegend, mit einem liebevollen Furor, dereinen noch mal eine Revolution erträumen lässt, gegen die graue, grauenhafte Welt, in die die „Fleißigen“ uns sperren wollen. Schon deshalb sollte man ihn lesen: weil in der erfrischend chaotischen Aura von Freiheit, Liebe, Aufbruch klar wird, dass 1968 lange vorher begann, vielleicht mit der menschlichen Zivilisation, jedenfalls mit der Musik, und weil in diesem Licht die alten und neuen Herrenmenschen endlich wieder so widerwärtig dastehen, wie Michael Sailer sie damals waren und heute sind. ivu’U‘.walter-mossmtinn.ele
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