Roxy Music

Manifesto

Other (EMI)

Als erstes gemeinsames Album von Roxy Music nach vier Jahren liegt „Manifesto“ natürlich extrem auf dem Präsentierteller. Wie in der Roxy-Story (Seite 8) schon angedeutet, machte ich zunächst den Fehler und wartete zwei Tage lang (unter Streß sozusagen) beim Anhören auf etwas Spektakuläres. Gestern abend schließlich habe ich die LP mal ganz in Ruhe bei einer Tasse Tee über mich ergehen lassen und fand sie einfach schön. Freigemacht von einer extremen Erwartungshaltung, kann man „Manifesto“ weitaus unbefangener begegnen und vor allem auch genießen.

Die musikalischen Ansprüche von Bryan Ferry, Phil Manzanera und Andy Mackay – den drei Stützpfeilern der Band – haben sich in der Zwischenzeit logischerweise verändert. Darum arbeiten sie heute auch vergleichsweise konventioneller. „Manifesto“ mag anfangs trotzdem unzugänglich sein. Die Kühle erweist sich jedoch bald als angenehm, und die einzelnen Songs prägen sich so nach und nach doch stärker ein, als man eingangs glaubt. Ferry unterteilte „Manifesto“ in eine „East“ und eine „West Side“. Die „East Side“ sei kühler, europäischer, die „West Side“ lockerer, melodischer. So pauschal würde ich das zwar nicht trennen, aber die Grundtendenz stimmt. Die musikalischen Extravaganzen (soweit überhaupt noch vorhanden) beschränken sich weitgehend auf den „Osten“; es liegt hier mehr in der Luft. Die Atmosphäre, speziell beim Titelsong, ist aufregender, der Rock härter, der Background oft geprägt durch Andy’s nebenherfließende Oboe- oder Saxophoneinschübe. Klar, daß hier auch der Single-Titel, „Trash“, ein problemloser Rocksong, über die Bühne geht. Mir gefällt die „East Side“ besser. Westwärts tauchen mit „My Little Girl“ und „Spin Me Round“ zwei allzu elegische Flops auf. Mit „Dance Away“ findet Ferry gekonnt Anschluß an den Mainstream-Pop und segelt mit „Cry Cry Cry“ noch eine Spur munterer darin weiter.

Wie gesagt: diese LP überfällt einen nicht gleich. Einiges ist arg introvertiert, anderes vielleicht eine Spur zu leicht. Aber man kann sich an die (fast) erwachsene Roxy Music sehr gut gewöhnen.