The Charlatans

WE ARE LOVE

BMG/Universal (VÖ: 31.10.)

Ein fein ausgearbeitetes Panorama, das die Britpop-Band nicht als Nostalgiker, sondern als kontemporären Act bestätigt.

Hauntology, so gibt Bandleader Tim Burgess zu Protokoll, habe das erste Charlatans-Album seit acht Jahren beeinflusst. Der Begriff beschreibt ein Sein, das nie ganz gegenwärtig, sondern immer von der Vergangenheit durchdrungen ist. Das Alte wird nicht heraufbeschworen, es bringt sich selbst ins Spiel, steht plötzlich an der Haustürschwelle und klingelt. Das ist ein Überbau, der Sinn ergibt, zumal mit Dev Hynes einer der drei Producer (Stephen Street und Fred Macpherson von Spector sind die anderen beiden) ebenfalls gerne mit verschiedenen Zeitebenen arbeitet.

Gemeinsam entwickelten alle Beteiligten in den Waliser Rockfield Studios ein Wimmelbild, dessen Klammern Burgess’ charakteristischer Gesang, tief fliegende Jangle-Gitarren und satte Orgeln sind. Manchmal, etwa im Titelsong „We Are Love“ lädt der Groove zum Tanz. „Now Everything“ besitzt eine Klimax, die an „Forever“ erinnert, den großen Hit aus dem Jahr 1999. „For The Girls“ ist Sixties-infizierter Psychedelic, so sommersatt wie der Gabentisch beim Erntedankfest.

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Dev Hynes prägt das fragmentarische „Salt Water“, auf „Glad You Grabbed Me“ ist Saxofonist Peter Gordon zu hören. Die Bereitschaft, das klassische Bandkonstrukt zu öffnen, Gäste reinzuholen und den Produzenten erheblichen Gestaltungsspielraum zu geben, zeugt von einer Weitsicht, die man Burgess und den seinen ohnehin immer zugetraut hat. Sie sorgt dafür, dass man die Charlatans auch nach 35 Jahren nicht als Britpop-Nostalgiker, sondern als kontemporären Act begreifen kann, ja muss. „This is the place. These are the days. We are love“, heißt es einmal. Alles an diesen drei kleinen, großen Sätzen stimmt.

Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 11/2025.