Tocotronic – KOOK Variationen

Die Frage, die über diesem Album steht, könnte Titel eines Symposiums sein: „Wo steht die Rockmusik heute?“ Antworten gibt es überraschend viele und gute, zusammengetragen von ein paar Festplattenfummlern.die sich des alten Kumpels Rock angenommen haben. Zweifelsohne ein politisch wie ästhetisch korrektes Unterfangen: Die elektronischen Nachbearbeitungen und Umdeutungen weithin abgenickter Tocotronic-Songs vom K.O.O.K-Album kitzeln vollkommen neue Qualitäten aus diesen Spätwerken der Hamburger Schule. Tobias Thomas und Olaf Dettinger aus dem Kölner Kompakt-Umfeld transportieren Jackpot“ auf ein Techno-Pop-Parkett, Fischmob/Erobique verleihen den Billy Joel-Cedächtnispreis für ausgesuchtes Piano-Geklimper und stiften einen Jackpot“ für haarsträubende Cimmicks. Noch ein Vergleich: DJ DSL schickt Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow mit „Let There Be Rock“ in die nächste Jazzkantine, Fever jagen ein paar Spuren desselben Tracks durch fiese Maschinen, die alles, was nur entfernt nach Musik aussieht, verkratzen. Dürfte auch Tocotronic gefreut haben. So viel Punk muss sein. Die andere Hälfte dieses vorzüglichen Sammelwerkes zeichnet sich durch Hitqualitäten aus, die ja traditionell im Tocotronicduvre schlummern. Die dicksten Credits gehen an Console: Martin Gretschmann hat in einem schlichten Anflug von Genialität den Tocotronic Oldie „Freiburg“ ins Englische transferiert und dem heimischen Computer vorgelegt, dass er mal wieder singe. Wie das knarzt und shuffelt, jetzt hat „14 Zero Zero“ ein lustiges kleines Brüderchen bekommen. Der originale Gedankenblitz Dirk von Lowtzows 1994 lautete: „Ich bin alleine, und ich weiß es, und ich find es sogar cool“. Schwere Gitarrenarbeit, alte Hamburger Schule! Der Titel des Albums, auf dem „Freiburg“ zu finden war, wies schon den Weg zur Wahrheit: DIGITAL IST BESSER. Gebührenpflichtige Hörprobe unter 0190-57 05 63 6 (s. ME/S-Hotline 5.5;^