Tom Waits vereitelt erfolgreich seine eigene Musealisierung.

Seit März ist Tom Waits offiziell ein Museumsstück. Vielleicht hat ihn die Aufnahme in die Rock’n’Roll Hall Of Fame ja so verstimmt, dass der alte Mann auf Bad As Me so böse losgrummelt wie lange nicht mehr. „Chicago“ eröffnet mit schiefen Tröten und einem hinkenden Marschrhythmus Waits’ erstes Album mit vollständig neuem Material seit sieben Jahren. Es folgen 15 weitere Stücke, die wie eine Sightseeing-Tour durch das Schaffen des 61-Jährigen anmuten. Zu besichtigen ist musikalisch Bewährtes: Durch „Everybody’s Talking“ klimpert sich ein Barklavier, „New Year’s Eve“ wird in einem Schifferklavier ertränkt, der Blues von „She Stole The Blush“ ist natürlich fies synkopiert und das wunderschöne „Face To The Highway“ beschwört eine Spätwesternwüstenstimmung.

Gesanglich gibt Waits wie gewohnt den verliebten Kindermörder und den verlebten Seemann, die animalische Heulsuse und den hoffnungslosen Romantiker, den angesoffenen Schnulzensänger und den melancholischen Thekennachbarn. Nur manchmal hat man das Gefühl, er hat genug von seinen eigenen Klischees und Sehnsucht nach simpleren Formen: So könnte „Tell Me“ vom Kollegen Springsteen stammen und „Let’s Get Lost“ ist ein niedlicher, altmodischer Rock’n’Roll-Song, in dem Waits versucht zu kieksen wie Little Richard. Aber selbst in solchen Augenblicken bleibt Waits vor allem immer Waits, und diese Rückkehr ist eine zu alter Form. Im Museum mag er also schon stehen, aber die Musealisierung muss vorerst noch warten. Key Tracks: „Last Leaf“, „Face To The Highway“, „ Same Kind Of Bad As Me“