Rick Springfield


Name: Springfield (Springthorpe) Vorname: Rick (Richard) Geburtstag: 23.8.1949 Geburtsort: Sydney Größe: 186 cm Farbe der Augen: braungrün Unveränderliche Kennzeichen:

Bislang nicht ganz ernstgenommener Middle-of-the-Road-Popper mit fragwürdiger Soap Opera-Vergangenheit („General Hospital“); derzeit bemüht, sein Teen-Star-Image endgültig abzuschütteln. Erste Single 1972 „Speak To The Sky“, Grammy-Auszeichnung als bester Sänger für „Jesse’s Girl“. Seit einigen Jahren Anhänger der altchinesischen Philosophie Tao. Verheiratet mit der Ex-RCA-Angestellten Barbara Porter, Nachwuchs ist im Werden.

ME/Sounds: wir haben in unserer Zeitschrift eine Serie – “ Blind Date“ betitelt – wo wir einem Musiker einige neue Songs präsentieren, die es dann zu kommentieren gilt. Deine letzte Single „State Of The Heart“ haben wir Huey Lewis vorgespielt…

Springfield: ….. oh Gott!“

ME/Sounds: Es war gar nicht so schlimm. Huey meinte nur, daß dir dasselbe Schicksal wie Robert Redford beschieden sei: Niemand würde euch auf künstlerischem Gebiet ernstnehmen, weil ihr einfach zu schön seid!

Springfield: (lacht) „Aha! Das ist also mein Problem. Als ich nun vor fast 10 Jahren nach Amerika kam, wurde man vor allem durch Fotos auf mich aufmerksam, die wohl einen Typen zeigten, der offensichtlich gut auf junge Mädchen wirkte. Und so machten sich viele Leute – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Bild von mir. Und so leicht sind diese Bilder nicht wegzuwischen. Aber ich werde älter, meine Musik wird besser…“

ME/Sounds: … und die jungen Girls kreischen immer noch. Heute nachmittag hattest du in einer „Phone In“ – Radioshow acht Anrufer, die allesamt nur ins Telefon schluchzten: „Rick, I love youü!“

Springfield: „Na ja, bei solchen Gelegenheiten kommen aber auch nur die durch, die wirklich verbissen am Telefon hängen – und das ist nicht unbedingt der repräsentative Querschnitt.“

ME/Sounds: Bist du mit deinem gegenwärtigen Image zufrieden ?

Springfield: „Ich weiß nicht… Natürlich existiert da ein Unterschied zwischen dem, wie ich mich sehe – und dem Bild, das sich meine Umgebung von mir macht …“

ME/Sounds: Ist dieser Unterschied größer als dir lieb ist?

Springfieid: „Nein, nicht mehr. In letzter Zeit wurde ich von Briefen und anderen Publikums-Reaktionen doch sehr überrascht. Anscheinend lesen die Leute endlich meine Texte, man hört mir genauer zu.

Und um nochmals auf die Schönheit zurückzukommen: Das ist auch ein persönlicher Ehrgeiz. Wenn ich auf die Bühne gehe, will ich gut aussehen, mich gut fühlen, sonst könnte ich keine gute Show auf die Bretter legen. Und ich bin sicher, Huey Lewis wird’s nicht anders gehen… Im Allgemeinen aber lasse ich mir bezüglich meines Äußeren keine grauen Haare wachsen.“

ME/Sounds: Könntest du einmal den Typen beschreiben, der dich jeden Morgen im Badezimmerspiegel ansieht?

Springfield: ….. hm, ein auf der Suche befindliches, menschliches Wesen, mit einer gewissen Sensibilität, gewissen Stärken auf manchen Gebieten – ich rede hier natürlich nur von den positiven Seiten! Einer, der Songs schreiben will, aus seinem Innersten heraus, über Liebe, Zerstörung oder was auch immer, und der sich riesig freuen kann, wenn sich Leute mit diesen Songs identifizieren können.“

ME/Sounds: Es gibt ja oft die seltsamsten Gründe, warum jemand alles daran setzt, Musiker zu werden. So begegnet man beispielsweise auffallend vielen Pop-Stars von kleinem Körperwuchs, die vielleicht ursprünglich nur deshalb auf die Bühne wollten, um endlich einmal auch auf die Größergewachsenen hinunterblicken zu können. Mit deinen 1,86 Metern kann das allerdings wohl nicht deine Motivation gewesen sein …

Springfield: „Bei mir war’s eine grundsätzliche Sprachlosigkeit. Ich hatte enorme Probleme, erwachsen zu werden. Ich hatte die fixe Idee, abgrundtief häßlich zu sein, und war mit 17 in einer derart schlimmen Verfassung, daß ich mich eigentlich aufhängen wollte.

Diese Depressionen konnte ich vergessen, wenn ich auf der Bühne stand. Das war für mich eine Art Selbstbestätigung, die ich in der Schule nicht bekommen konnte. Überhaupt, ich habe die Schule gehaßt. Ich hatte dort zwar einige Freunde, aber ich war ein einziges Paket Unsicherheit. Was ich bis heute nicht ganz losgeworden bin.

Du wirst als Teenager natürlich nicht Musiker, weil du dir denkst:, Wow ich kann Songs schreiben, die die Welt verändern!‘ Du willst einzig und allein dein Image bei deinen Altersgenossen verbessern!!

Was aber nur teilweise funktioniert. Klar, für ein kleines Weilchen bekommst du Oberwasser, dann aber willst du mehr. Du siehst andere Bands und denkst dir: „Gott, sind die cool.“ Als Pubertäts-Geschädigter trachtest du nun mal danach, um jeden Preis cool zu sein. Du möchtest gern als hip gelten!

Wenn du aber als Musiker den Punkt erreichst, wo diese Motive in den Hintergrund treten, und du mit deinen Talenten bewußt an dir selbst arbeitest, dann fängt die Sache erst richtig an!“

ME/Sounds: Wie hat dein Vater reagiert, als dein Entschluß feststand, professionell Musiker zu werden?

Springfield: „Mein Vater stand immer hinter mir; meine Mutter hatte da schon mehr Probleme. Irgendwann hatte ich für Columbia, Maryland, im Sturm! Draußen loben die ersten Vorboten eines an der Ostküste sich hochwirbelnden Hurricanes namens „Bob“. In der gemütlich eingerichteten Garderobe backstage hingegen herrscht eher diese sanftmütige, ausgeglichene Ruhe, die viele Anhänger fernöstlicher Philosophien so gerne ausstrahlen. Keine Frage: Der Mann steht „drüber“, wie man so sagt – und damit eine gefestigte Persönlichkeit meint, die sich eine gewisse Gelassenheit den Gegebenheiten gegenüber erlauben kann.

Rick Springfield trinkt kalten Pfefferminz-Tee aus einem Plastik-Becher, kein Alkohol weit und breit, und auch Zigarrettenqualm ist sehr zum Leidwesen des Fragenstellers – in seiner Anwesenheit absolut unerwünscht.

Man sieht sich hier mit dem Prototypen des modernen Popstars konfrontiert: der gesunde Geist im kraftkammergestählten Körper! Das alte, eh schon überstrapazierte Rock’n’Roll-Klischee vom „live-fast-die-young“-Prinzip war noch nie so wertlos wie heute! (mb) mich selbst die Entscheidung getroffen; ich ging immer weniger zur Schule und probte dafür mit Bands. Dann stellte ich meine Eltern vor vollendete Tatsachen. Ich sagte: ,Das ist es! Hört auf, mich festnageln zu wollen; ich werde kein Elektriker, ich will Gitarre spielen!‘ Wenig später bekam ich einen Job bei einer Band, die relativ häufig auf Tour war. Also ließ ich die Schule links liegen – auch wenn mich meine Eltern eine Zeit lang durchfüttern mußten.“

ME/Sounds: Genug von der Vergangenheit. Am berühmten 13. Juli hast du nach der Live Aid-Übertragung in einem TV-Interview gesagt: „Niemand hätte es für möglich gehalten, daß Popmusik die Welt verändern könnte. Nun, hier ist der Beweis. “ Wenn du jetzt mit mehr Abstand die Sache betrachtest was hat der Tag denn wirklich gebracht?

Springfield: „Ich glaube, daß das Bewußtsein, auch das Verantwortungsgefühl bedeutend gestiegen ist…“

ME/Sounds: War das der Aufbruch in eine neue Ära, in der Popmusiker als effektives Sprachrohr einer Opposition tätig werden ? Oder – noch extremer – kannst du dir Pop-Stars im Parlament vorstellen ?

Springfield: „Warum nicht? Sie wären sicherlich besser als Schauspieler! Es gibt eine Menge sensibler Leute, nicht nur Pop-Stars, auch Songschreiber oder Schriftsteller, deren Denken eine weit überdurchschnittliche Tiefe erreicht. Und ich glaube, Menschlichkeit und eine philosophische Ader wären für einen Staatsmann nicht gerade die schlechtesten Eigenschaften. Aber wahrscheinlich mußt du alt und runzelig sein, bevor man dich akzeptiert.

Aber es gibt in der Tat ein paar ernstzunehmende Denker in der Musikszene. Denn du fängst ja nicht deshalb mit dem Songschreiben an, weil es dich auf der Bühne interessanter macht! Du liest Bücher und willst irgendwann deine intellektuelle Selbstständigkeit erreichen, deine eigenen Gedanken auf sichere Beine stellen.

Und das Bild vom drogenabhängigen Superstar ist auch Schnee von gestern! Zuviele Musiker haben aus nächster Nähe beobachtet, was Drogen anrichten können, wie blöde und unnütz letztlich diese Sachen sind. Inzwischen sind es ja Rechtsanwälte und Politiker, die ihre Nasen da reinstecken – aber die werdens auch noch lernen. Ein intelligenter Musiker hat heutzutage jedenfalls mehr zu bieten als je zuvor!“

ME/Sounds: Aber ist jemand, der hoch in den Charts zuhause ist, nicht mindestens genausoweit von der Basis entfernt wie Politiker in ihren Glaspalästen?

Springfield: „Natürlich hat ein Musiker, oder sagen wir besser ein erfolgreicher Musiker, eine ganz andere Weltanschauung als der Typ, der 9 to 5, fünf Tage die Woche, genug Geld machen muß, um die Kreditraten seines Hauses abzuzahlen. Aber das Gute dabei: Die meisten Musiker kommen ursprünglich aus eben dieser Ekkej Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie wir wegen der Stromrechnung genau aufpaßten, daß nirgendwo im Haus ein Licht zuviel leuchtete, wie wir sorgfältigst das Scheckbuch ausbalanciert haben…“

ME/Sounds: Angenommen Bruce Springsteen würde als Präsident der Vereinigten Staaten kandidieren. Würdest du ihm deine Stimme geben?

Springfield: „Laß mich überlegen… nein, ich glaube nicht. Das heißt, es kommt wohl auf den Gegenkandidaten und sein Programm an. Ich bin mir allerdings relativ sicher, daß Springsteen in der reellen Politik nicht ausschließlich hinter den Aussagen seiner Songs stehen könnte. Überhaupt. Politik sollte kein Spiel sein. Es muß nicht jeder, der sich ausnehmend gut fotografieren läßt oder gute Interviews gibt, auch zum Volksvertreter geeignet sein. Gewisse Kriterien sollten schon erfüllt werden …“

ME/Sounds: Frank Zappa hat einmal in einem Interview gesagt, sich eine Verbesserung der Lebensumstände durch Kunst zu erwarten, sei hirnrissig. Es werde überhaupt keine Verbesserungen mehr geben, wir hätten den point of no return bereits überschritten.

Springfield: „Sicher, Pessimismus ist heute das Einfachste auf der Welt! Diese Phase hatte ich auch, ich glaube jeder hat sie. Aber mit einem Statement wie diesem ist nichts getan. Es macht weder Angst noch verbessert es irgendwas. Es dient Zappa nur dazu, seiner eigenen Frustration Ausdruck zu verleihen.

Der einzige Weg heutzutage ist meiner Meinung nach Optimismus – der Gedanke, daß es klappen wird. Wir haben – verdammt nochmal – nichts mehr zu verlieren! Ich finde, die verantwortungsvollen Leute, die in der Öffentlichkeit arbeiten, sollten sich zur Aufgabe machen, die Leute wachzurütteln.“

ME/Sounds: Kann denn Aufmerksamkeit genügen?

Springfield: „Es ist der Anfang! Wir müssen versuchen, diese generelle Apathie abzuschütteln. Diese ,mir-ist-eh-allesegal‘-Haltung. Wir sollten nichts unversucht lassen, den Leuten bewußt zu machen, daß es jetzt passieren muß. Nicht morgen, oder übermorgen, j-e-t-z-t! Wenn nicht, rast dieser Erdball mit Karacho ins Verderben!“

ME-Sounds: Du befaßt dich nun seit einigen Jahren mit der chinesischen Philosophie Tao. Dein Engagement dafür ging sogar soweit, deine letzte LP so zu nennen. Wenn man sich mit diesen Gedanken auseinandersetzt, die im wesentlichen unser ganzes westliches Fortschrittsdenken gelinde gesagt als groben Unfug entlarven, dann fragt man sich, ob es denn für einen zivilisierten Menschen innerhalb unserer westlichen Gesellschaft überhaupt möglich ist, das wahre Tao zu praktizieren.

Springfield: „Natürlich muß man die taoistischen Ideen in unsere Zeit und Umgebung transponieren. Ich hatte zuerst ein Buch über die Geschichte dieser Philosophie – ihre Entstehung und Anwendung über die Jahrhunderte hinweg – gelesen und hatte manchmal große Probleme damit. Ich begriff zwar die Fakten, doch von richtigem Verstehen konnte keine Rede sein. Dieses Buch“ wurde von einem chinesischen Doktor geschrieben und originalgetreu ins Englische übersetzt. Dann bekam ich ein Buch in die Hände, das von einer chinesischen Frau verfaßt wurde, die einen Amerikaner heiratete. Plötzlich gingen die Lichter an…“

ME/Sounds: Nun will diese Philosophie, daß der Mensch sein Leben mit der Natur in Einklang bringt. So wie der Wind oder das Wasser in einem Flußbett sollen wir unseren Lebensweg bewältigen. Wie kann man aber eins sein mit dem Lauf des Wassers, wenn dieses H 2 O nach industriellen Chemie-Abfällen stinkt?

Springfield: „Diese Frage war der Hauptgrund, das Album TAO zu nennen. Wie können diese Überlegungen heute funktionieren? Ich habe versucht, dieses Problem in Songs wie .Dance The World Away‘ oder ,Walking On The Edge‘ zu kommentieren. Ich hatte mir durch die Beschäftigung mit Tao zwar ein gewisses peace & understanding erwerben können, doch dann kam natürlich die Frage: Wie sieht’s damit denn in der Praxis aus? Was haben wir für eine Realität?“

ME/Sounds: Und zu welchem Schluß bist du gekommen?

Springfield: „Daß diese Welt funktionieren könnte, würde ein gewisser Universalismus, eine Einheit in Gedanken existieren. Dem steht eigentlich nur das Verlangen der Menschen entgegen, sich in Gruppen zu formieren und die ,Fremden ‚auszusperren, um so mehr .Sicherheit ‚zu haben. Ein Land mit Flagge ist das ultimative Beispiel. Eine Einheit in Gedanken ist zur Zeit leider nichts als ein Luftschloß.“

ME/Sounds: Das war’s doch schon immer…

Springfield: „Stimmt, es sieht so aus, als wäre dieser Gedanke Gefangener seiner eigenen Utopie.“

ME/Sounds: Aber was bleibt dann dem modernen Taoisten? Kann man Tao dann überhaupt noch als Werkzeug zur Bewältigung des gegenwärtigen Daseins akzeptieren?

Springfield: „Ja. doch. Nur- ich glaube nicht, daß man hier von einem Werkzeug sprechen sollte. Ich muß dazu sagen, daß ich Tao nicht als den einzigen und über alles erhabenen Weg sehe, genausowenig wie sich Tao selbst nicht als den Weg überhaupt sieht. Aber man kann als Individuum eine Menge aus dieser Philosophie rausziehen, Wegweiser für deinen eigenen Pfad. Das Geschenk dieser Philosophie – oder einer jeden Philosophie – ist Selbsterkenntnis. Aufklärung über dein Ich. Und wie ein sehr gescheiter Mann schon sagte: .Der Schlüssel für unser Überleben in der Zukunft liegt darin, daß wir mehr darüber lernen müssen, was in uns selbst vorgeht.‘ Leider ist die Mehrheit der Menschheit in diesen Dingen unglaublich ignorant. Aber man kann’s verstehen. Wie ich vorhin schon sagte: Ein 9 to 5-Job und die monatlichen Rechnungen sind ein verdammt hoher Druck; da hast du nicht gerade viel Zeit für reflektierende Gedanken über das Wesen des Seins. Aristoteles meinte: Die besten Philosophen sind die. die genug Geld haben. Die können sich ihre Gedankenfreiheit leisten.

Erst als ich anfing, ausreichend Geld zu machen, dieser Druck der monatlichen Zahlungen unwichtig wurde, konnte ich meine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuwenden, hauptsächlich einer Frage, die – so glaube ich – jeder Mensch für sich selbst aufgeklärt wissen will – nämlich: Wer oder was bin ich?“

ME/Sounds: Wie hältst du es mit anderen Philosophen? Ein Mann wie Schopenhauer sieht ja durch die taoistisch gefärbte Brille wie ein verbissener Kulturpessimist aus…

Springfield: „Jeder der ernsthaft über sich nachdenkt, wird irgendetwas sagen können, was das Zuhören lohnt. Kein Weg ist der Weg! Ich glaube auch im selbstgefälligsten Augenblick hat Schopenhauer nicht angenommen, daß sein Weg der einzig wahre ist.

Ich möchte es mit dem Songschreiben vergleichen: Da gibst du dich auch nicht der Illusion hin, daß du in drei Minuten und 45 Sekunden die endgültige Wahrheit oder den richtigen Pfad zu definieren imstande bist. Alles was du erhoffst, ist eine Lampe am Wegesrand erleuchten zu lassen.“

ME/Sounds: Und was bedeutet dann unter Berücksichtigung aller erörterten Fragen – für dich Erfolg?

Springtield: „Zaster und Weiber! Nein, im Ernst, es gibt natürlich viele .Spielarten‘ oder Ebenen von Erfolg…“

ME/Sounds: .. .zum Beispiel nach Deutschland kommen, dort das erste Mal live spielen, um anschließend wie ein Komet in die Charts zu schießen…

Sprmgfield: „Das ist auch eine Art von Erfolg. Du zweifelst oft an deinen Fähigkeiten, denkst dir: Du bist das doch alles nicht wert – und plötzlich: Hey, vielleicht bin ich doch was wert, vielleicht habe ich doch Qualitäten!

Ich sehe mich immer wieder mit meinen Unsicherheiten konfrontiert. Du kreierst etwas, Leute haben Spaß daran – und anstatt dich darüber richtig freuen zu können, fragst du dich sofort: Warum? Leute geben ihr sauer verdientes Geld aus, nur damit sie deine Songs hören können. Das ist eine Selbstbefriedigung, die ich einerseits fühle und brauche, andererseits immer genauestens hinterfrage…“

ME/Sounds: Du hast von mehreren Spielarten gesprochen…

Sprmgfield: „Ja. Briefe zum Beispiel. Die meisten nehmen Bezug auf ,My Fatners Chair‘. Da steht dann, wie sehr dieses Lied jemandem geholfen hat, über den Tod eines nahen Verwandten hinwegzukommen. Und das ist das Großartige an Songs: Sie können Emotionen wie auf einer Pin-Wand festnageln und dingfest machen. Da schwirren Gefühle durch deinen Kopf – und es tut fast genauso weh wie die seelische Verletzung selbst, diese Schmerzen nicht in Buchstaben kleiden zu können. Ein guter Song kann dir erklären, was mit dir los ist. Mit dem Verstehen deines Zustandes geht’s dir auch gleich besser.“

ME/Sounds: Thema „My Fathers Chair“: Im Video „The Beat Of The Live Drum“, das während deiner letzten US-Tour aufgezeichnet wurde, sitzt du bei diesem Song solo am Klavier, während direkt hinter dir auf einer riesigen Video-Screen Bilder deines Vaters eingeblendet werden. Hast du nicht Angst, daß man dir unterstellen könnte, den Tod deines Vaters als Show-Effekt zu mißbrauchen?

Sprmgfield: „Dieser Song war zuerst einmal ein Ventil für mich. Ich wollte meine Gefühle artikulieren und dann allen Leuten klarmachen, daß sie einen großartigen Menschen versäumten. Aber du hast recht. In der Endabmischung des Videos dachte ich im ersten Moment auch, daß es ein bißchen zu aufdringlich sei. Auf der Bühne lief das ja alles auf drei kleinen Screens im Hintergrund ab; erst im Video kam es durch Überblendungen zu dieser Überbetonung des Privaten.

Ich wollte definitiv nicht etwas mir sehr Wertvolles als Showeffekt dazu benutzen, um beim Publikum besser anzukommen. Ich wollte die Leute mit dem Song packen, sie sollten dasselbe fühlen wie ich.“

ME/Sounds: Was hältst du prinzipiell von Videos? Was erwartest du von dem Medium? Für dich als Schauspieler müßte Video ja die optimale Plattform sein…

Springfield: „Es macht mir ehrlich gesagt ein bißchen Angst. Man kann neue Bands beobachten, die durch ein Video nach oben schießen und sofort wieder verschwinden. Video macht dich sofort publik, und zwar in seiner Wirkung vergleichbar mit einer Band, die sich fünf Jahre an die Spitze hochgeschuftet hat, als es das Medium noch nicht gab.

Darin liegt auch die Schwierigkeit, heute neue Bands zu etablieren: So einen Clip sehen unzählige Konsumenten – und wenn der Künstler nur ein wenig blöde dreinschaut oder sich in der Handlung ein paar Dummheiten erlaubt, ist s aus und vorbei! Da haben sich schon andere, größere Namen ganz schön geschadet.

Es ist wie mit diesen Telefon-Anrufbeantwortern. Du rufst an und sagst: „Oh hallo, du bist nicht da, ich bin’s, wie geht’s denn…“ und quasselst irgendeinen Stumpfsinn und denkst dir: Scheiße! Aber du kannst es nicht mehr zurücknehmen …“

ME/Sounds: Interessiert dich eigentlich die Musik anderer Leute?

Springfield: „Oh ja, sehr! Es ist aber schwierig aus dieser Heimarbeiter-Perspektive rauszukommen. Ich höre genau zu, was die anderen machen, welche neuen Tricks sie auf Lager haben, ob sie Song-Konstruktionen verwenden, die mich wiederum dazu anspornen, ganz andere Harmonien zu versuchen. Oder ob ich etwas höre, was ich gut stehlen könnte (lacht) ….“

ME/Sounds: Ich kenne nicht gerade viele Musiker, die das so offenherzig zugeben …

Springfield: „Na, so ernst war s auch nicht gemeint. Aber es kann dir schon passieren! Ich habe zuhause ein paar prächtige Songs, die ich irgendwann jemandem vorgespielt habe, der dann allerdings trocken meinte: ,Ja, toll, aber das ist ‚Let’s Spend The Night Together‘!“

(Springfields Presse-Attache Jab Baird kommt in die Garderobe, um mit seinem Erscheinen das Abiaufen der Interview-Zeit zu signalisieren.) ME/Sounds: Übrigens: Jab hat mich vor dem Interview wissen lassen, daß es ausdrücklich verboten sei, private Fragen an dich zu stellen…

Springfield (blickt ungläubig zu Jab): „Also, ich beantworte jede Frage, auf die ich etwas halbwegs Gescheites antworten kann….“

Jab: „Entschuldige, aber nach dieser BRAVO-Geschichte .Rick versteckt Ehefrau, weil sie schwanger ist!‘ war ich gegenüber deutschen Journalisten etwas übervorsichtig.“

ME/Sounds: Rick, bist du denn nun schon Vater?

Springfield: „Noch nicht.“ ME/Sounds: Und was hast du für ein Gefühl im Bauch?

Springfield: „Ich weiß nicht, .ich glaube, ich werde mich ganz schön verändern. Wiedereinmal.“