Robyn, Hamburg, Knust


Die einstige "schwedische Britney" erinnert uns an eine große alte Liebe: den Popsong.

Man vergisst bei all den tollen Bands, die Gitarre, Schlagzeug und Bass bearbeiten, und dann kommt Indie-Rock raus oder doch nur Krach, man vergisst ja manchmal, wie aufregend astreine Popsongs sein können. Drum setzt man sich an einem trüben Sonntagabend nicht in den Club, um mit den anderen Indie-Nerds gemeinsam „Tatort“ zu gucken und sich dabei irgendwie advanced vorzukommen. Man geht lieber zu Robyn. Weil man da voraus- und zurückschauen kann. Und weil ihre Geschichte irre ist. Wie hat sich jemand entwickelt, der lange als schwedische Britney galt? Wie gibt sich eine fast 30-Jährige, die mit 16 schon entdeckt wurde? Verflucht sie die Zeit in den 90ern, die Charterfolge, ihre desillusionierte Rückkehr aus Amerika? Fließen beim Freikauf von einem Major-Label eigentlich genau so kranke Summen wie bei einer Fußballer-Ablöse? Und aus welchem Holz muss man geschnitzt sein, um sein eigenes Label zu gründen? Xena die-Kriegerprinzessin-Holz?Henry-Rollins Holz? Aber vor allem: Macht es noch Spals. Robin Miriam Carlsson dabei zuzuhören, wie sie im Grunde olle, wenn auch eingängige Kamellen (ihr Album robyn kam schon 2005 heraus) zum Besten gibt?

Aber hallo! Es ist alles da: das Pathos, die Posen, die perfekten Popsongs wie „Handle Me“ und „Who’s that Girl?“. Alle um einen herum grinsen, man selbst fühlt sich unversehens in eine Kreuzberger Disco ca. 1983 gebeamt, wo man mit Schulterpolstern, Känguru-Hose und Zahnspange selig zu Shannon oder so über die Tanzfläche wackelte. Und was macht Robyn? Spielt, als könnte sie Gedanken lesen, ein Medley aus Neneh Cherrys „Buffalo Stance“, Salt’n’Pepas „Push It“, Leila K’s „Got To Get“ und „Sexual Eruption“ von Snoop Dogg. Ihre Songs wie das nervös-überdrehte „Konichiwa Bitches“ oder der Hit „With EveryHeartbeat“ haben einen ähnlichen Stallgeruch.

Noch dazu sieht sie aus wie ein echter Popstar: in ihrem schwarzen, hautengen Etwas, der knallblonden Wave-Frisur und den froschgrünen Strümpfen. Nicht wie das nette Mädchen von nebenan. Das würde von Prince höchstens „Kiss“ covern – Robyn nimmt das versaute Jack U Off“, in dem es darum geht, einer geliebten Person an unmöglichen Orten einen runterzuholen. Noch atemberaubender aber findet man sie, als sie a capella „Be Mine“ singt. Ganz allein steht sie da und rührt einen zu Tränen mit ihrer Klage um den Einen, den sie doch nicht bekommen wird. Dafür hat sie uns in kaum mehr als einer Stunde etwas zurückgegeben: den Glauben an eine verloren geglaubte, große Liebe. Dafür dankt:

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