Schluß mit Lahmarsch!


Ex-Lokführer Alan McGee startete Creation Records, um Platten seiner Band Biff Pang Pow! zu veröffentlichen. Über 20 Jahre später bedient er noch immer die Hebel des rockenden London.

„Kann sein, daß ich Prada-Sportswear trage“, grinst Alan McGee und deutet auf ein Paar teuer besohlte Füße, die auf dem Bürotisch ruhen, „aber im Herzen bin ich ein Punk geblieben.“ An der Wand hängen Belege einer edlen Vergangenheit. Da ein handgeschriebener Textentwurf für „London Calling“, dort ein tief über die Gitarre gebeugter Paul Weller. „Ich gebe mich nur mit Musik ab, die mich packt“, sagt McGee. Das war früher so, das ist auch jetzt noch so. So hat er die Kaiser Chiefs partout nicht unter Vertrag nehmen wollen: „Ich wußte, daß die Band Erfolg haben würde. Aber irgendwie hat sie mein Ei nicht gekocht.“ Der freche Schotte mit dem flammenden Haarschopf und einer Band namens Biff Bang Pow! war eine markante Erscheinung am Indie-Horizont der frühen 80er Jahre. Aber nicht unbedingt eine, die von der versnobten Londoner Szene ernstgenommen wurde. Den Namen für seine Gruppe – und sein Label, das er zur Veröffentlichung von deren Platten startete – hatte er im Repertoire der englischen Pop-Psychedeliker The Creation gefunden. Solche Bezüge auf vergangene Popepochen standen damals nicht gerade hoch im Kurs, es sei denn, man hätte von Beefheart gesprochen. Aber McGee scherte sich weder um Ruf noch Mode. Und als er die Debütsingle der ähnlich eingestellten Jesus & Mary Chain herausgab, gelang ihm der erste große Coup. Nebst John Peel erkannte auch der NME den wegweisenden Genius der Single. Fortan war McGee einer, auf den man hörte. Angefangen mit My Bloody Valentine, aufgehört mit Oasis warteten McGee und Creation Records 15 Jahre lang mit einer Reihe wegweisender Entdeckungen auf. Mit dem Ende von Britpop kam auch für Creation der Kollaps. Niemand mehr wollte Gitarren und dreckige Dreiminutensongs hören. Aber McGee machte beharrlich weiter, mit dem neuen Label Poptones, der Firma Creation Management, schließlich mit seinem „Death Disco“-Club im Notting Hill Arts Club und dem „The Queen Is Dead“-Club, wo er sich standhaft weigerte, was anderes aufzulegen als den rotzigen Garage-Sound, den er so liebt. Weil Poptones mit The Hives den Trend zurück zur Gitarre vorwegnahm und weil McGee als Manager den Libertines doch noch eine zweite CD abgewinnen konnte („abstrangulieren“, sagt er) hat der alte Hase die Nase nun wieder vorn. „Die jungen Bands haben die Haltung, wie wir sie damals hatten. They don’t give a fuck. Es ist richtig beängstigend, wie wenig die einen Fuck geben! Es ist die Reaktion gegen die total lahmarschige Generation, die unter Thatcher aufgewachsen ist. Das sind die, die Coldplay und Katie Melua kaufen. Die neuen jungen, they don’t give a fuck!“

www.poptones.co.uk