Schmollecke


Schön müssen sie sein und aufwendig —die Plattencover. „Ragazzi"-Schönling Ingo Schmoll macht jedoch lieber die Augen zu und schmollt.

Das Auge ißl mil. Wie wahr! Aber nicht nur Gelränke und Speisen werden nach ihrer Verpackung im Laden ausgesucht. Auch bei Schallplatten spielt der „Schönheitsfaktor“ leider eine nicht unerhebliche Rolle. Das Cover trägt mit dazu bei, ob man die Platte gut findet oder nicht. Bescheuert aber wahr. Besonders aufgefallen ist mir diese Tatsache bei den Wertungen für den MÜV im ME/Sounds. Wir Mitglieder des .Musikalischen Überwachungsvereins“ bekommen nämlich nur sehr selten Platten, weil sie zum Zeitpunkt der Wertung noch gor nicht fertig gepreßt sind. Statt dessen gibt es meistens Kassetten ohne Coverphoto. Eine stinknormale BASF-Hülle, ouf der mit Filzer oder Schreibmoschine die Titel aufgeschrieben sind. Oft sind auch neue Bonds, die man vorher noch nie gesehen und gehört hat, dabei. Das Phänomen: nachdem ich meine Kassetten durchgehört habe, gebe ich meine Wertungen durch. Einen halben Monat später erscheint das Heft und auch die dort gewertelen Scheiben. So verrückt das klingen mag, aber sieht man plötzlich die fertige Platte mit Cover, Bandpholo, Innenhülle etc., würde man gelegentlich seine Wertung gerne wieder rückgängig machen. Das Gesamtbild ist oft ein ganz anderes. Eigentlich völlig absurd, denn es geht doch um die Musiki Umgekehrt funktioniert dos natürlich auch. Ein tolles Cover wertet eine musikalisch miese Platte wiederum ouf. Das Problem: hier sowie in vielen anderen Bereichen haben es große Industrieplattenfirmen viel leichter, weil sie Geld haben. Geld für teure Plattenhüllen (oufklappbar zum Beispiel), Photos, Grafikdesign usw., all das, wo die kleinen Firmen z.B. im Independenl-Bereich Abstriche machen müssen, und das, obwohl sich oft die interessantere Musik auf deren Platten wiederfindet. Eine professionelle Photosession für ein Coverphoto (für einen Industrieoct) kostet rund ! 0.000 Mark, soviel kann eine kleine Indie-Firma oft gerade mal für die Produktion der Musikaufnahmen hinblättern. Sieht nicht nur die Ptattenhülle, sondern auch der Künstler nichtssagend aus, ist alles aus. Das Auge hört immer mit, denn gerade die Popmusik ist und bleibt nun mal die Welt des schönen Scheins. Doch auch ich sage gerne .ja“ zu einem schönen Schein, vor allem wenn er blau oder gar braun ist. In diesem Sinne: Augen zu beim Plattenkauf.