Sly & Robbie – Silent Assassin


Die zwei versiertesten Reggae-Musiker verbünden sich auf ihrem neuen Album vorbehaltlos mit den wichtigsten Stimmen der New Yorker Hiphop-Szene. Das Resultat ist reine Black Power.

Mit ihrem neuen Album tauchen Sly & Robbie überraschend tief in die Hiphop-Szene ein und unterstellen sich dabei ganz dem Kommando der momentan wichtigsten Stimme im Rap – KRS-One von Boogie Down Productions. KRS-One, alias Kris Parker, posiert auch mit auf dem Cover, und alle drei bringen die angestrebte Reggae-Rap-Fusion zum Höhepunkt: „Party Together“ heißt das Motto. Dieses herrliche Stück, das seine Hookline vom Turtles-Oldie „Happy Together“ borgte, spiegelt den Geist der gesamten LP wider. ,Once again I flesh a style, that you, a public, thinkin‘ at, it’s rubber time, thot reggae seems as rap music, must cross the line, and party together…“, rappt Kris Parker. Damit spielt er natürlich auch auf die Turtles an, die kürzlich De La Soul wegen eines Sampling-Schnipsels auf sage und schreibe 17 Millionen Dollar Schadensersatz verklagten. Große Klasse, wie subtil KRS-One Stellung bezieht und indirekt die Turtles auffordert: Hey, es geht hier nicht um Rechte und Kohle, sondern in erster Linie um unsere Verbrüderung.

Gemeinsame Sache machen Sly & Robbie dann auch mit diversen Rappern: Willie D serviert das ange-houste Stück ,Dance Hall‘ und den Hardrokker ,Ride The Riddim“. Und der sonst eher unpolitische Westküsten-B-Boy Young MC läßt sich in „Under Arrest“ und „Living A Lie“ sogar zu energischen Statements hinreißen.

Sly & Robbie sind auf dem Album zwar federführend, stellen sich dabei aber trotzdem ganz in den Dienst der Hiphop-Community. Wer hier also traditionelle Reggae-Grooves erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Doch wer die Boogie Down Productions kennt, weiß auch, daß gemeinsames gesellschaftspolitisches Auftreten und Block Power insgesamt schwerer wiegen als fette Grooves.

Nichtsdestotrotz haut Sly Dunbar wie gewohnt barsch und druckvoll auf die Felle, reißt ,Man On A Mission‘ mit seinen harten Beats und mit einem energischen Rap vom ,Shah Of Brooklyn‘ selbst hartnäckige Siebenschläfer aus ihrer Lethargie.

Bleibt als Fazit, daß sich hier zwei ausgezeichnete Handwerker der Botschaft der schwarzen Musik untergeordnet haben – „the blueprint of ghetto music“, wie KRS-One betonen würde. (mir)

DIE GROOVE GMBH

Im Lauf der letzten Jahre sorgten sie für seltene Rekorde: Der am 10. Mai 1952 in Kingston geborene Sly (Noel Charles) Dunbar und sein Baß-Partner Robbie (Robert) Shakespeare, geboren 27. September 1953, spielten auf mehr Reggae-Platten als irgendein anderer Musiker. Der unverkennbare Sound, die unschlagbare Präzision und die musikalische Flexibilität der beiden Rastas verschaffte ihnen Engagements am laufenden Band.

So spielten sie für The Revolutionaries und The Wailing Souls, für die Mighty Diamonds, I-Roy und Bunny Wailer, für Dennis Brown, Peter Tosh, Black Uhuru und Gregory Isaac, und sie galten schon Anfang der 80er Jahre als jamaikanische Institution und weltweit gefragte Rhythmus-Gruppe.

Außerhalb ihrer Heimat und musikalischen Herkunft war Sly & Robbies Reggae-Funk auf sechs LPs von Grace Jones und drei Platten von Gwen Guthrie vertreten, um nur die Spitze des Eisbergs zu nennen. Und das Duo widmete sich nebenbei verstärkt seinem eigenen Label Taxi Records.

In den letzten Jahren arbeiteten Sly & Robbie regelmäßig mit dem Material-Clan um Bill Laswell intensiv zusammen – für Größen wie Herbie Hancock und Afrika Bambaata, Doug E. Fresh und Grandmixer D.S.T.

Die Kontakte zur Hiphop-Szene verdichteten sich immer mehr, was nicht überrascht, denn das Gespann aus Baß und Drums hat im Reggae wie im Hiphop den gleichen Stellenwert: Der mörderische Baß-Drum-Groove dient dem jamaikanischen „Toaster“ wie auch dem Rapper als unverzichtbare Basis. (mir)

SLY & ROBBIE ÜBER…

MUSIK: „Unser Leben besteht nur aus Musik, 24 Stunden am Tag. Und wenn wir nicht selbst spielen, dann absorbieren wir andere Sachen – Prince und Run DMC, Madonna und Whitney Houston. Wir hören uns wirklich alles an, und darunter gibt es auch ganz schön schräge Sachen. So unglaublich es klingt: Robbie ist z.B. ein Country & Western-Fan.“

IDIOTEN: „Wenn du anfängst, dich wichtiger zu nehmen als das, was du machst, endest du als hochnäsiger Vollidiot.“

MAGIE: „Wenn wir spielen, läuft alles wie von selbst. Wir müssen uns keine Gedanken machen, wie es klingt, weil es einfach ohne Worte zwischen uns beiden funktioniert. Das ist mehr als Magie.“

GOTT: „Unsere Inspiration kommt von Gott. Manchmal fließen die Ideen in endloser Folge; manche Baßlinien schwingen einfach in der Luft oder liegen in den Worten und Sätzen eines Gesprächs.“

DISCOGRAPHIE

Sly & Robbie:

PRESENT TAXI (ARIS) TAXI FARE (TIS) A DUB EXTRAVAGANZA (in-akustik) LANGUAGE BARRIER (ARIS) RHYTHM KILLERS (BMG)

Sly Dunbar:

SIMPLE SLY MAN (Virgin) SLY WICKED & SLICK (Virgin)

Mut der Taxi-Gang:

ELECTRO REGGAE VOL. 1 (ARIS) THE TAXI CONNECTION – LIVE IN LONDON (ARIS)

™ Außerdem Aufnahmen mit Grace Jones, Peter Tosh, Joe Cocker, lan Dury, Joan Armatrading, Black Uhuru, Bob Dylan, Manu Dibango, Mick Jogger, Gwen Guthrie, Curiosity Killed The Cat, Thompson Twins, Serge Gainsbourg, Jimmy Cliff, Jess Roden, Burning Spear und vielen anderen.