Steve Winwood, New York, Radio City Music Hall


I’m ihe same boy I used 10 be“ singt er. Die ehrwürdige, bis auf den letzten Polstersitzplatz gefüllte Radio City Music Hall glaubt’s ihm und tobt.

Der immer wieder überraschend schmächtige Winwood schreitet nun siegesbewußt zur edlen Holz-Hammond, greift jenen brunftigen Akkord, der „Gimme Some Lovin“ eröffnet. Die New Yorker sind nicht mehr zu halten. Jubel, Trubel. Tanz in den zum Bersten gefüllten Gängen.

Doch wenige Minuten später, als nach Konzertende das Saallicht eingeschaltet wird, ist die Begeisterung binnen zweier Sekunden von 100 auf Null, die Menge macht kehrt wie ferngesteuert, geht nach Hause, als liefe der Abspann im Kino. Irgendwas ist hier faul …

Aber was? Winwood war gut, keine Frage. Ausgestattet mit mehr Selbstbewußtsein denn je. sucht er bewegungsfreudig jedes Bühnenende, sonnt sich in der Begeisterung der Menge, die gekommen ist, um den gegenwärtigen Spitzenreiter der amerikanischen Charts zu leiern. Gekonnt mischt Winwood seine eigene Legende (Spencer Davis Group. Traffic, ARC OF A DI-VER) mit aktuellem Charts-Material, produziert dramaturgisch geschickt keine Durchhänger und hat mit einer ausgezeichneten Band — u.a. Russ Kunkel am Schlagzeug — eine rechtschaffene, solide Basis hinter sich. Der Sound ist von der edelsten Sorte. CD-mäßig, ausgewogen, satt. Und es ist ja auch wieder chic, echten Musikanten bei der Arbeit zuzusehen. Die Urteilsfabrikanten in den Fernsehstationen, Radiosendern und Zeitungsredaktionen sind jedenfalls begeistert, die Ästethik verlangt wieder Handwerk statt High-Tech. Keine Computer, hier röhrt die Hammond, fetzen die Bläser, poltert das Schlagzeug. Herz was willst du mehr? Steve lächelt dazu richtig menschlich, so wie ein älterer Bruder, der’s auf anständige Weise zu was gebracht hat. Es fehlt mir eigentlich nur noch der artige Diener als Referenz ans Publikum. Sowas muß man doch mögen.

Und so fahndet man nach den Gründen, die dieses Konzert so verhungern ließen, sucht die Erklärung für den schalen Nachgeschmack, der bleibt, als man nach dieser musikalischen Exkursion vom Feinsten in die stickig-schwüle Nacht hinaustritt. Doch dann wird einem plötzlich klar, fallen mir auch die letzten Schuppen von den Augen: Stevie Winwood hat uns alles gegeben. Die Hits, die Orgel, die Legende, die tolle Band. Nur geschwitzt, geschwitzt hat er nicht.