Styx – Hamburg, CCH


Ich lehnte mich in der Erwartung eines langweiligen Abends in meinen Polstersessel zurück. Der Vorhang hob sich – und Styx begannen mit ihrer „Paradise Theatre Show*. Anfangs schien es, als ob das Publikum das Spektakel zwar beeindruckt, doch passiv über sich ergehen lassen würde. Nach etwa einer Stunde aber verließen doch viele ihre bequemen Sitze und stürmten in RichtungBühne – im sterilen CCH eine Seltenheit.

Das Programm war ein zweistündiger Querschnitt durch’s gesamte Styx’sche Opus, manchmal etwas schmalzig, doch insgesamt überraschend heavy. Dennis DeYoung (kb), leicht angegraut und mit einem offensichtlichen Faible für die 20er Jahre, bewies mit witzigen Präsentationen von „Honky Tonk Woman“ und „Whole Lotta Love“ erstaunliches Talent im Stimmen-Imitieren. Durchaus überzeugend und sehr routiniert auch Tommy Shaw (git), der den Charme und das Aussehen eines 17jährigen Collegeboys besitzt. Die Gebrüder Panazzo (bg + dr) fielen kaum auf lediglich James Young (git), langhaariger, grimassenschneidender Pseudo-Heavy-Rocker, ist eine ziemlich deplacierte Figur.

Weitere Bestandteile der Show sind einleitende Ansagen, Soli aller Art, abwechselnder Leadgesang, akustische Einlagen, eine großangelegte Lightshow, Filme, Dias und viele andere Effekte. Kurzum: Die Band aus Disneyland demonstrierte perfektes amerikanisches Entertainment.Selbst mir, dem Styx auf Platte selten mehr als zwei Sterne wert sind, bot sich entgegen allen Erwartungen keine Gelegenheit zur Langeweile. Selbst wenn man im Auge behält, daß der ganze Zirkus wenig mit Rock’n’Rollzu tun hat, sondern vor allem ein Auswuchs der business-trächtigen US-Musikindustrie ist. Der Erwerb einer Styx-Karte gleicht dem Kauf eines McDonald-Hamburgers: Er sättigt dich zwar für einen Moment, besitzt aber einen langanhaltenden, recht künstlichen Nachgeschmack.