Sufjan Stevens


Bye-bye Banjo: Ein elektrifizierter Engel steigt im Berliner Admiralspalast zu unerreichten Höhen auf.

Wie das beste Konzert des Lebens in Worte fassen? Mit Superlativen schmeißen? Kapitulieren? Oder seinen Job machen, wohl wissend, dass nichts wiedergeben kann, was man zweieinhalb Stunden gefühlt hat? Glück. Zu Beginn fallen zu „Seven Swans“ auf einem hauchdünnen Vorhang Sternschnuppen auf die Bühne. Schaut aus wie 3D, aber ohne Brille. Als der Vorhang sich lüftet, stehen da eine zehnköpfige Band und Sufjan Stevens im „Tron“-Kostüm – mit Engelsflügeln. Er spricht: „Ich heiße Siegfried Stevens und mache Musik aus dem Herzen.“ Da will man schon in die Ecke und weinen, aber dies ist ein Sitzkonzert.

„Wenn ihr hier seid, um mich Folksongs spielen zu hören, muss ich euch enttäuschen.“ Der Age Of Adz-Sufjan ist elektronischer, aggressiver, körperlicher. Hinter ihm flackern Bilder des schizophrenen Outlaw-Künstlers Royal Robertson und Videos der Künstlerin Deborah Johnson auf: Außerirdische, kubistische Formen, Würmer, die sich scheinbar durch die Leinwand fräsen. Stevens tanzt dazu wie ein verliebter Roboter: „Too Much“, „Now That I’m Older“, der irre Vulkan-Song „Vesuvius“, „Get Real, Get Right“ – überwältigend, wie Musik und Show zu einer Einheit werden. Der Gipfel: Eine genresprengende 30-Minuten-Version von „Impossible Soul“, ein ganzes Leben, von Liebe zerschmettert und wiederaufgebaut. Stevens hämmert auf seinen quietschgelben Synthie ein, verzerrt seine Stimme mit dem Vocoder und ist jetzt Usher. Die moderne Rock-Oper löst sich in Konfetti- und Luftballon-Regen auf. Und immer wieder diese Zeile: „Boy, we could do much more together. It’s not so impossible.“

Zur Zugabe kehrt kurz der alte Sufjan zurück: Im T-Shirt singt er seine Ballade über den Serienmörder „John Wayne Gacy, Jr.“ und, natürlich, „Chicago“. Es ist aber Berlin, wo sich gerade die glücklichsten Menschen der Welt befinden.