Talk Talk – Spirit Of Eden


14 Monate lang hatten sich Talk Talk in einer verlassenen Kirche in Suffolk verschanzt, Zeitplan und Budget waren generös überzogen worden, wahrend Mark Hollis den ungeduldigen Executives seiner Plattenfirma EMI jeglichen Vorab-Einblick in das, was da entstand, verweigert hatte. Was das Label dann vorgelegt bekam, war bei Gott nicht die händereibend erwartete Fortführung von Talk Talks elaboriertem, aber hitträchtigem New-Romantic-Pop, sondern ein Schock, der alten EMI-Hasen Radioheads „Kid A“ zwölf Jahre später vermutlich wie ein Deja Vu erscheinen ließ: Die potenzielle Hitband hatte jegliche Ansätze von Kompromiss durch den Kamin gejagt und ein kathartisches Album gemacht, das einzig und allein einer formidablen künstlerischen Vision geschuldet war. Mit einer Legion von Sessionmusikern hatten Hollis und sein kongenialer Partner Tim Friese-Greene Musik von schierer, kontemplativer Schönheit geschaffen, wie man sie so noch nie gehört hatte und bis heute selten hat. In „Spirit Of Eden“ ahnt man Jazz, moderne Klassik, Sakralmusik, Avantgarde, Ambient, Pop, Rock – und es ist doch viel mehr als all das. Die sechs Songs breiten sich aus wie ein Gemälde mit tausend traumwandlerisch präzise gesetzten Strichen und Schattierungen, changieren majestätisch entrückt über fließende Harmoniewechsel, die immer wieder aufs Neue verblüffen, von Momenten fast greifbarer Stille zu splitternden Noise-Ausbrüchen. Ach, blabla. Diese Musik ist zu göttlich, um mit Worten beschrieben zu werden. „Spirit Of Eden“ ist nicht nur ein Meilenlwenn nicht Grund-Istein des Postrock, es vermag noch 15 Jahre nach Erscheinen vollkommen in seinen Bann zu schlagen. Ob man sich via Kopfhörer an seiner atemberaubenden klanglichen und strukturellen Tiefe erfreut oder ob man sich von ihm sprituell berühren lässt. Dieses Album hat Macht.

Produzenten: M. Hollis, Tim Friese-Greene

Beste Tracks: „Eden“, „Inheritance“

Ist ja hochinteressant … Ein Mitglied von Hollis‘ Gastmusiker-Heerschar war der spätere „Klassik-Punk“ und Hendrix-Interpret Nigel Kennedy.