Review

„The End of the Fucking World“ auf Netflix: Viel Welthass auf Britisch


Zwei Teenager entfliehen ihrem tristen Leben und werden in einen Mord verwickelt. Was als 08/15-Indie beginnt, reift nach wenigen Episoden zum ersten Serien-Highlight des Jahres 2018.

Schwer vorstellbar, dass die Welt wirklich so bizarr ist wie viele der Szenen in diesem Jugenddrama sie darstellt: James (Alex Lawther) ist aus dem Elternhaus weggelaufen, gemeinsam mit Alyssa (Jessica Barden), die es auch nicht mehr in ihrem Scheißleben aushält. Ein Ex-Soldat hat die Kids auf der Straße aufgegriffen und mit dem Auto mitgenommen, James steht neben ihm auf dem Herrenklo. Der vermeintliche Helfer bemerkt James‘ verschrumpelte Hand, der Junge hat sie mal in eine Fritteuse gesteckt. Er nimmt die Hand des Jungen und zwingt ihn zu einem Handjob, James lässt es zu, bis er von Alyssa gerettet wird.

„The End of the Fucking World“ basiert auf einem Comic, als cineastisches Äquivalent kommt allerdings schnell Richard Ayoades „Submarine“ in den Sinn. Zwei Teenager verlieben sich, sie sind einsame Sonderlinge, die sich alleine fühlen. Und die nicht planen, etwas an diesem Zustand zu ändern. Alyssa und James laufen in der ersten der acht Folgen weg, werden auf ihrem Weg ins Nichts allerdings in einen Mord verwickelt – Selbstfindung und erste Liebe müssen also erst einmal hinten anstehen.

Allein im Wald: James und Alyssa laufen fort.

Jonathan Entwistle hat die Serie kreiert und schafft es nach einigen der kurzen Episoden auch, sich erfolgreich von den vielen 08/15-Geschichten abzugrenzen, denen „The End of the Fucking World“ zunächst ähnelt. Denn misanthropische 17-Jährige, die durch die erste Liebe die Lust am Leben finden, gibt es auf Netflix schon genug. Die makabere Crime-Story, mit der die anfängliche Berechenbarkeit zerschlagen wird, gibt der Serie ab der Hälfte der Staffel aber einen gewissen Reiz. Die genauen Umstände des Todesfalls sparen wir an dieser Stelle aus.

Bis die Serie den großen Twist auf die Zuschauer loslässt und James in eine tiefe Krise stürzt, die auch mit seiner tieftraurigen Vergangenheit zu tun hat, hält „The End of the Fucking World“ vor allem diejenigen bei der Stange, die von einigen Elementen des britischen Indie-Zirkus nie genug bekommen können: Schnelle Dialoge (die man aber alle irgendwo schon so ähnlich gehört hat), makaberer Humor, stümperhaft wirkende Ermittler und ein Soundtrack, dessen Erhabenheit in England ja auch Standard ist – was keineswegs abwertend gemeint ist.

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Erst wenn Jonathan Entwistle die echten Gefühle seiner troubled teens aufdeckt, reift „The End of the Fucking World“ zu mehr als einem Serien-Snack. Sondern sogar zum ersten Highlight des Jahres 2018. Da stört es auch nicht, dass man keinen der Protagonisten wirklich leiden kann. Immerhin ist Alyssa ein egoistisches Miststück und James ein Tierquäler.

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