The Woodentops


Bremsen los. Fuß aufs Gas, und in drei Sekunden von 0 auf 180: Rolo McGinty und seine vier Woodentops ließen vom Start weg keine Zweifel aufkommen, daß sie nichts von Tempolimits halten. Ihr aufgedrehter, quecksilbriger Speed-Pop benötigte keinerlei Aufwärmphase, genausowenig wie das dichtgedrängte Auditorium.

Fast schon selbstverständlich, daß Drummer Benny Staples nicht ruhig auf dem Hocker saß, sondern breitbeinig hinter seinen Trommeln stand, hüpfte, kämpfte, um die Maschine auf Touren zu halten. Sicherheitshalber verließ er sich zum Teil auf die Autorität von flächendeckenden Syndrums, die die Bauchmuskulatur des Publikums streckenweise vor harte Belastungsproben stellte.

Überhaupt hielten die Woodentops wenig von diffiziler Dezibelbehandlung und ließen keine Gelegenheit verstreichen, Intensität durch Lautstärke zu erzeugen: Klimax eines jeden Tempo-Songs war eine Power-Orgie, die von der Sound-Anlage nicht immer gemeistert wurde. Brachiales stand mitunter knallhart neben filigranen Harmonien, und man glaubte sich nicht selten in einer echten Metal-Veranstaltung.

Dies umso mehr, als Rolo McGinty die Hardrock-typische Frage-und-Antwort-Spielerei mit den Fans exzellent beherrscht und effektsicher ausspielt. Zwischenrufe aus dem Publikum, verschämte Bierglaswürfe oder ähnliches entlocken ihm nur ein bissiges Grinsen oder die Aufforderung: „Komm auf die Bühne und wiederhol das nochmal!“ Natürlich kommt wieder kein Schwein, aber bei Rolos Drive gibt’s ohnehin kein Halten: Eh man sich’s versieht, ist er schon mitten im nächsten Stück, entrückt, mit geschlossenen Augen und selig lächelnd. Es gibt keine Götter neben ihm, und auch seine Musiker halten sich brav zurück, beschränken sich darauf, flankierend einzugreifen und bestenfalls mit einigen wohldosierten Soli zu glänzen.

Neuzugang Anne Stephenson an Keyboards und Violine streut mitunter fast spröde, knarzende Geigenparts ein, aber ebenso wie die gelegentlichen, weit ausschwingenden Melodie-Linien von Leadgitarrist Simon Mawby ist alles nur Illustration zu Rolos Erzählungen. Bei einer so vielfältigen Band wie den Woodentops sollte man allerdings auch nicht nach dem „Kern“ ihrer Musik suchen, denn der ist eben nicht innen, sondern außen: Anything goes, wir können alles und zeigen’s stolz.

Trotzdem gelingen ihnen die fast traditionellen, country-orientierten Songs am besten: Endlich hat man einmal Zeit, sich den originellen Harmoniewechseln, Rolos Rock-Belcanto und dem brillanten Zusammenspiel zu widmen.

60 Minuten mit den Woodentops vergehen schnell, und man hat eine Band gesehen, die trotz Speed und Overdrive erstaunlich viel Emotionen zaubert.