Trees Lounge


Regie: Steve Busceml Mit: Steve Buscemi, Mark Boone Jr., Chloe Sevigny

Vorn Eiswagenfahrer, Automechaniker und Feuerwehrmann zur Ikone des Independent-Kinos. Der ungewöhnliche Karriereverlauf von Steve Buscemi (38) begann in Valley Stream, Long Island. Jenem Ort, an dem der bleichgesichtige Schauspieler sein Regiedebüt TREES LOUNGE angesiedelt- hat. Die tragische Figur der Barfly Tommy Basilo, die auch von Buscemi verkörpert wird, trägt autobiographische Züge. Mit dem Unterschied, daß der linkische Mime mit dem flatterigen Kinn einer Fledermaus den Sprung aus der Monotonie der Suburbs geschafft hat. Tommy hingegen hängt jeden Tag und jede Nacht in der schummerigen Trees Lounge-Bar ab. Sein Zimmer liegt direkt darüber. Nachdem er seinen Automechaniker-lob und Freundin Theresa verloren hat, läuft bei Tommy nicht mehr viel. Gelegentliche One-Night-Stands und exzessiver Alkoholkonsum verschlimmern sein tristes Dasein noch. Erst mit dem geerbten Eiscreme-Wagen seines verstorbenen Onkels AI (Seymour Cassel) kommt Bewegung in Tommys Leben. Regelmäßige Begleiterin bei seinen Verkaufsfahrten ist die 17jährige Debbie, die Nichte von Tommys Ex-Freundin Theresa. Und ihre kokette Art bringt den abgehalfterten Säufer bald in ziemliche Schwierigkeiten. TREES LOUNGE stellt nicht die Handlung in den Mittelpunkt, sondern die Charaktere. Erst die Beziehung der einzelnen Personen zueinander läßt die Geschichte entstehen. Einige Mitglieder des Buscemi-Clans sind in Valley Stream anzutreffen. Neben Buscemis Bruder Michael, der im Film Tommys Bruder Raymond spielt, hat auch sein Sohn Lucian (5) einen kurzen Auftritt. Fiktion und Realität gehen fließend ineinander über und verleihen dem Film eine starke Authentizität. Die eindringlichsten Momente spielen sich in der Bar ab. Stammgäste, so alt wie das Mobiliar, und eine Jukebox, die seit Jahrzehnten nicht mehr mit aktuellen Hits bestückt wird, füllen das Interieur. Bill, der alte Korea-Kämpfer, stemmt sich wortlos die Drinks rein. Regung zeigt er nur, wenn das Glas nicht randvoll ist. Mike (sieht aus wie Tom Waits mit Übergewicht) verläßt den Tresen nur zum Koksen, und Jackie und Stan sind ein schrulliges Pärchen, das sich streitet, seit es verheiratet ist. Buscemi stellt nicht extravagante Charaktere zur allgemeinen Unterhaltung aus. Mit dem Blick für vermeintliche Nebensächlichkeiten dokumentiert er tragische Lebensunistände, die letztlich auch (fast) immer komische Elemente enthalten. TREES LOUNGE setzt die bisherigen Arbeiten Buscemis fort. Filme wie KING OF NEW YORK von Abel Ferrara, RESER-VOIR DOGS von Tarantino oder aktuell FARGO von den Coen-Brüdern, in denen Buscemi mitgewirkt hat, stellen menschliche Abgründe in drastischer Weise dar. TREES LOUNGE ist eine Reise in die Vergangenheit, ein Trip in die provinzielle Hölle, in der man die Loser noch persönlich kennt- und schätzt. Befragt nach den Parallelen zwischen seinem früheren Job als Feuerwehrmann und seinem heutigen als Schauspieler, zieht Buscemi einen aufschlußreichen Vergleich: „Es ist schrecklich, in ein brennendes Haus zu gehen. Die einzige Situation, in der ich genausoviel Angst habe, ist beim Schauspielen. Und wenn es vorbei ist, hat man in beiden Fällen etwas Einzigartiges erlebt.“ Einzigartig wie TREES LOUNGE.