Trommeltänzer


Früher trommelte er für Ulla Meinecke und die Berliner Band Zeitgeist, dann gelang George Kranz mit „Trommeltanz* („Din Daa Daa“) der ganz große Wurf. Es folgten Album, Tour und Sendepause, aber jetzt schlägt George wieder zu. Mit magischen Trommelstöcken.

Man stelle sich das vor: Ein Berliner Schlagzeuger hat die Idee zu einem Märchen über einen Schlagzeuger und ein paar magische Trommelstöcke. Er erzählt sie den richtigen Leuten und bekommt prompt das Angebot, den Titelheld seiner Träume selbst zu spielen. Im Kino. Nicht in Breitwand, aber in New York. Fast zu schön um wahr zu sein. Liest man dann noch die bedeutungsvolle Geschichte, daß Papa Kranz seinem Sohn vor 30 Jahren den englischen Vornamen George gab, weil er vorhatte, nach Amerika auszuwandern, stellt sich langsam die Frage, was hier noch Realität ist und was Kintopp.

George Kranz spielt Felix, einen singenden Drummer, der mit seiner Band einmal die Woche in einem Club auftritt und ansonsten mehr Sorgen am Hals hat als Dollars in der Tasche. Als ihm seine Gläubiger auch noch die kaum abgezahlte Schießbude aus der Wohnung tragen, sieht’s zunächst ganz finster aus. Bis ihm der Zufall und ein schwarzer Straßenhändler ein Paar besonders schöne Sticks in die Hände spielen: Plötzlich kann Felix seinem eigenen und dem Leben etlicher anderer Leute entscheidende, neue Wendungen geben. Jedesmal, wenn er mit diesen Sticks auf irgend etwas herumtrommelt, fangen Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung an, wild herumzutanzen, unkontrolliert durch die Gegend zu grooven, über die Straße zu steppen und ähnlich rhythmische Dinge zu tun, die sie sich gar nicht erklären können, wenn Felix die Zauberstäbe wieder aus der Hand gelegt hat.

Sein wahrhaft zwingender Tanzbeat bleibt natürlich nicht unerkannt: Zwei tolpatschige Gangster wollen zu Schlagzeugklängen Überfälle begehen und kidnappen Felix samt seiner angebeteten Shirley. Die wird von Kelly Curtis gespielt (der Tochter von Tony Curtis und Janet Leigh), und läßt sich von Felix‘ Werben und seinen besonderen Fähigkeiten erst überzeugen, als sie selber plötzlich wehrlos über den Bürgersteig tanzt. Nach Gefangenschaft im Riesenrad, Verfolgungsjagden und kriminellen Verwicklungen aller Art. trifft Felix noch auf einen weisen, alten Jazz-Schlagzeuger (Chico Hamilton) — dann fühlt er sich stark genug, seinen weiteren Lebensweg auch ohne magische Unterstützung zu gehen.

Mit „Magic Sticks“ hat Regisseur Peter Keglevic („Der Bulle und das Mädchen“ und vorher „Tatorte“ für die ARD) ein modernes Märchen inszeniert, bei dem den meisten leidlichen Musikern (und schon gar den Schlagzeugern) garantiert warm ums Herz wird. Wie gesagt: ein Märchen; also im Zweifelsfall gegen die Logik.

George Kranz macht seine Sache so gut, daß er auch in der amerikanischen Originalfassung überzeugt (hoffentlich wird gescheit synchronisiert) und hat außerdem dafür gesorgt, daß spätestens alle Viertelstunde einer seiner Songs zu hören ist. Die produziert er inzwischen mit Moti Spezial/Sandra-Mann Michael Cretu, der die unverkennbare „Din Daa Daa/ Trommeltanz“-Note etwas vollmundiger und rockiger in Szene setzt als das bisher der Fall war.

Die Songs sind kompakte, englisch gesungene Chart-Nummern; bloß bei der vorab veröffentlichten Single „I’ve Got The Beat (Magic Sticks)“ ist Kranz und Cretu die musikalische Kleptomanie durchgegangen. Das riecht nach einer Plagiats-Klage von Kurt Hauenstein, dessen schwarz-weiße Disco Band Supermax schon 1977 aus derselben Baßfigur den Klassiker „Lovemachine“ gemacht hat.