Vaya Con Dios


Kost nix! Wo immer dieses imaginäre Reiz-Schild hängt, braucht sich keiner um ein volles Haus zu bemühen. Freibier in der Kneipe, warme Suppe bei der Inneren Mission und diesmal eben Freier Eintritt zum ersten Gig der Belgier Vaya Con Dios in Deutschland. Wo sonst ortsunkundige Dickbrieftaschen-Träger dünnbrettbohrend auf die legendären Münchner Nachtvögel warten, spielen nun zu ungewöhnlich früher Stunde (vor Mitternacht) die vereinigten Armani-Freunde aus Stadt und – in der überwiegenden Mehrzahl – Land ein fröhliches Stopf-In. Transpirationsflecken im Seidenhemdchen und weggerempelte Champagnergläser nehmen sie dabei gern in Kauf, schließlich wurde ihnen der „zur Zeit heißeste musikalische Exportartikel Belgiens“ versprochen.

Irgendwer mußte da wohl dem Superlativ-Rausch verfallen sein, denn was sich schließlich eine gute Stunde lang auf der Bühne abspielt, hat mit den heißen Musik-Exporten aus unserem flämischen Nachbarland – Electronic Body und New Beat – nichts zu tun. Statt dessen gab’s stinknormale Nachtbar-Musik, wie sie den Stammgästen des Nobel-Absturzladens von der täglich spielenden Haus-Combo als Soundtrack für ihren Erfahrungsaustausch über die wirklich allerneueste Designer-Droge bestens vertraut

ist: befrackte Mucker an Standbass, Schlagzeug, akustischen Gitarren und eine Sängerin, allesamt sehr cool dreinschauend, etwas Swing, eine Prise Blues und zwischendrin darf s auch mal, natürlich nur ganz vorsichtig, karibisch sein. Marke „Flottes Tanz-Trio bringt die ganze Weh der Musik auch auf Ihre private Faschingspariy“.

Dabei erfüllen die sechs Belgier tatsächlich auch optisch alle Anforderungen an eine Combo ihres Genres: Die pomadisierten Musiker, dazu Sängerin Dani Klein – eine Mischung aus aufgetakelter Mitt-Vierzigerin und abgetakelter Mitt-Dreißigerin – stehen auf der Bühne wie fünf lupenreine Zuhälter plus ein Produktionsmittel.

Die Mucke stimmt, es swingt und plätschert frisch aus der Schwarzwälder Räucherkammer. Auch die Songs sind solide Bar-Kost: Außer Les Pauls „Johnny“, das von Dani und Anhang zum Hillbilly-Chanson umgebaut wird, nur eigene Kompositionen, allesamt so gefällig wie „Don’t Cry For Louie“, mit dem Vaya Con Dios im Moment die belgischen Charts anführt und auch in Deutschland zu Hit-Ehren kommen will. Ein Phänomen also, ähnlich wie im vergangenen Jahr das Sommerhitchen „Bamboleo“. Nachtclub-Mucke oder Sinti-Flamenco, Musik jenseits von Zeit und Raum. Vor Jahren, zur Hoch-Zeit von Mat Bianco und Sade, wären Vaya Con Dios sogar richtig hip gewesen. Jetzt hätten sie besser etwas leiser gespielt – damit man sich dabei noch ungestört unterhalten kann.