Virginia Jetzt! – Köln, Gloria


Der Pop der Generation Praktikum wird erwachsen was Virginia jetzt', mit melodieversessenen Songs und mittlerweile dunkleren Texten wunderbar beweisen.

Sie haben’s getan. Und wirklich und wahrhaftig schon ganz am Anfang den Arsch in der Hose gehabt, den Song zu spielen, der ihnen so nachdrücklich wie mehrfach verboten wurde. Wir erinnern uns kurz: Jochen Distelmeyer, weitbester Apfel-Besinger und ohne Frage der Onkel Dittmeyer des linksintellektuellen Schrebergärtner-Pops, lehnte „Liebeslieder“ rundheraus ab. Weil Virginia Jetzt! darin, RandyNewman zitierend, ganz einfach ihre Heimat mögen. „Das ist mein Land, meine Menschen“, singt NinoSkrotzki also auch im Kölner Gloria, und das ist natürlich weder deutschtümelnd noch gar nationalismusverdächtig. Es ist vielmehr ein wohlklingender Beleg dafür, dass die Generation Praktikum auch in der ostdeutschen Version – hier: Elsterwerda, Brandenburg- im Hier und Jetzt angekommen ist. Auch sonst beweisen Virginia Jetzt! an diesem Abend, melodieversessen wie eh und je, allerhand. Zum Beispiel, dass ihnen der Alltag die ein oder andere Beule in die Seele gefahren hat. Hemmungslose Romantiker bleiben Virginia Jetzt! trotzdem, aber die Schattenseiten des Lebens haben in den Songs von und unter einen festen Parkplatz. „Bitte bleib nicht, wenn du gehst“, singt Nino Skrotzki, und wer in dem Quartett immer noch die niedlichen Mädchenmusikhersteller sieht oder das Ganze für Schülerlotsenrock hält, hat nichts begriffen. Keine Spur von geschönter Heimeligkeit gibt’s im forschen „Singen und singen“; so brachial wie in „Bitte bleib nicht, wenn du gehst“ haben Virginia Jetzt! Ihre Instrumente noch nie rangenommen – und die Wut, mit der Nino Skrotzki sich zwischen Gefühlssalat und Gedankenwirrwarr reinhängt, ist ein gar garstig’Tier. Da ist es ein schöner Kontrapunkt, dass Songschreiber und TastenspielerThornas Dörschel den Ben Folds und den Elton John in sich ausgiebig raus- und in seinen Fingern spazieren gehen lässt. Und nachdem „Ein ganzer Sommer“ und „Mein sein“ am Pop-Himmelleuchten durften, hieven Virginia Jetzt! zum Finale den wuchtigen Textbracken von „DieTeile meines Lebens“ auf die Bühne. Kann sein, dass das ihre Variante von „So lebe ich“ ist. Vielleicht geht Jochen Distelmeyer mit den Jungs doch noch mal einen trinken. Es muss ja kein Apfelsaft sein. >» www.virginia-jetzt.de