Waterboys


Irgendwie erinnert die Atmosphäre an vergangene Jugendheim-Feten. Die Luft in der Glasgower Queen Margaret Union Hall schmeckt muffig, an den Seiten sind schmuddelige Sesselgarnituren aufgereiht. 13- bis 23jährige Waterboys-Fans trinken dünnes Bier und kauen lauwarme Hamburger. Bandleader Mike Scott ist hier in Schottland zu Hause. Mike ist aufgeregt. So viele alte Kumpels sind da, und seine Mutter ist extra aus Edinburgh gekommen.

Auf der Bühne ist die Nervosität wie weggeblasen. Mike Scott ist jetzt nicht mehr der schüchterne Junge von nebenan. Er ist der charismatische Star, konzentriert, ganz und gar Musik.

In großer Besetzung geht’s durch die Songs des neuen, großartigen Albums This Is The Sea. Der Kern der Band, Mike Scott, Karl Wallinger (keys) und Anthony Thistlethwaite (sax) ist erweitert um Baß, Geige, Trompete und Schlagzeug. Die Waterboys sind eine Bigband. Und sie haben anscheinend viel geübt.

Ganz anders als bei ihrer letzten Deutschland-Tour als Vorgruppe der Pretenders, stimmt das Timing exakt. Das Bläser-Intro von „Don’t Bang The Drum“, auf der LP fast ein wenig langatmig geraten, gewinnt mit harten Gitarrenriffs unterlegt live deutlich an Tempo. Traumhaft sicher setzt Scotts Stimme ein. Sie klingt kraftvoll-kratzig und will gar nicht zu dem hübschen, dünnen Kerlchen da oben passen, der aussieht wie die Reinkarnation des jungen Mick Jagger. Sparsam, aber berechnend seine Bewegungen auf der Bühne. Keine exaltierten Posen, und doch, man merkt, er weiß, daß er ankommt, vor allem bei den kleinen Mädchen.

Dennoch ist das hier alles andere als eine Teeny-Show. Der Sound der Waterboys ist entschieden rokkig, verarbeitet dabei Blues und Soul-Elemente. Gitarren-Pop, aber keiner von der simplen Sorte. Diese Band ist mit dem handelsüblichen U2- und Big Country-Abklatsch nicht zu vergleichen.

Songs wie „The Pain Within“ und „Old England“ geben Saxophon, Geige und Trompete Gelegenheit zu solistischen Ausflügen. Für Momente klingt das sogar jazzig, kommt dann aber schnell auf den Boden des klaren, eingängigen Konzepts zurück. Das Material, immer sehr harmonisch, voller hübscher Ideen, hält allen Vergleichen stand. Ihr technisches Können ist überdurchschnittlich und sie haben einen Sänger, der sich verkaufen kann. Fazit: Mikes Mutti hat allen Grund, auf ihren Sohn stolz zu sein.