Whale


Wenn eine mehr schlecht als recht bekannte Band ihre Tournee noch vor der Veröffentlichung der ersten LP antritt, dann zeugt das von wenig ausgeprägtem Geschäftssinn. Und das macht Whale schon mal grundsätzlich sympathisch. So platzt das „Strom“ an diesem lauen Sommerabend zwar nicht gerade aus allen Nähten, aber als Schwedens Altemative-Newcomer schließlich die Bühne entern, harren immerhin 300 Biergartenmuffel der Dinge, die da kommen sollen. Und harren erstmal weiter, denn das beschauliche „Young, Dumb & Füll Of Cum‘ scheint als Opener doch etwas unglücklich gewählt. Dann aber werden Nägel mit Köpfen gemacht. Songs wie die krachige Single ‚Pay For Me‘, ‚Eurodog‘ mit seinem Brachial-Refrain und der eineinhalb-Minuten-Punk-Reißer ‚Born To Raise Hell‘ beißen live noch weitaus heftiger zu als auf Platte. Die Hip-Hop-Elemente, auf Konserve tragender Bestandteil des Whale-Sounds, treten zugunsten einer weitaus roheren und gitarrenlastigeren Kost in den Hintergrund. Der Baß groovt enorm, der Drummer leistet Schwerstarbeit, der Keyboarder streut das eine oder andere Sample ein, während sich Henrik Schyffert und sein Co-Gitarrist der schieren Lärmlust hingeben. Dem guten Ton wirkt ein unkooperativer Mann am Mischpult nach Kräften entgegen, doch obwohl der Baß übersteuert wummert und Cia Bergs Stimmchen vom Soundbrei zugemantscht wird, wirkt der Wal nie wirklich zahnlos. Man merkt den Schweden an, daß sie weder routinierte Musiker noch erfahrene Show-Tiere sind, aber gerade dieser Dilettantismus macht sie so erfrischend. Eine Frische, von der sich die Tanzwilligen im „Strom“ jedoch erst bei den wüsten Versionen von ‚Hobo Humpin‘ Slobo Babe‘ und TU Do Ya‘ anstecken lassen. Zu spät, um noch richtig ins Schwitzen zu kommen, wie sich herausstellt. Denn was eine Zugabe ist, hat sich bis nach Stockholm offenbar noch nicht herumgesprochen. So unterbietet die zu Livezwecken zum Sextett erweiterte Band die 70 Minuten, die man von US-Bands inzwischen gewohnt ist, noch locker um eine Viertelstunde. Und mit Konzerten ist es nun mal wie mit einem Essen im Restaurant. Je besser es mundet, desto bedauerlicher ist es, wenn die Portion zu klein ist.