Wrong Said Fred


Was steckt hinter dem "neuen" Solo-Album von Freddie Mercury? Ein Statement von Mercury- Produzent Mack:"Dilettanische Sauerei!"

E s ist selbstverständlich und wünschenswert, daß nach I dem Verlust eines so bedeutenden Künstlers wie Freddie Mercury es war, dessen Werke gesammelt und veröffentlicht werden. Nicht selbstverständlich aber ist, daß seine Werke von der veröffentlichenden Plattenfirma durch Nachbearbeitung derart verunstaltet werden, daß man — kennt man die Originale nicht — an den Fähigkeiten des Künstlers zweifeln muß. So geschehen bei dem gerade veröffentlichten „neuen“ Freddie Mercury-Album. Ich hatte 1985 Freddies Soloalbum produziert und wollte zur Sicherheit von dem „neuen Album“ eine Vorabkopie hören. Schließlich waren „Remixes“ angekündigt und „Remixes“ gab es weder bei Queen noch bei Freddies Solo-Arbeit. Bislang galt die Devise: Wenn etwas veröffentlicht wurde, bleibt es immer bei einer Version. Ein treffender Hinweis findet sich auf einer Queen-CD: „Mix Ruined By…“. Das war noch zu Freddies Lebzeiten, doch jetzt liegen seine „Rechte“ bei seinem „Vermögensverwalter“ und bei der Firma Hollywood-Records.

What Have You Done To My Songs Ma(ck)? Freddie Mercury war kein „produzierbarer“ Künstler. Als Liedermacher hatte er eine ganz präzise Vorstellung wie Text, Melodie und Harmonie das Endergebnis prägen sollten. Produzenten-Hilfe war nur in der Umsetzung und Realisierung seiner Vorstellung nötig. Freddie war immer sehr bedacht, daß nichts „Halbfertiges“ auf Band war. Er hinterließ auch nie Fragmente in irgendwelcher „verwertbaren“ Form (die Veröffentlichungen von John Lennons Gedankengut durch Yoko Ono waren ihm eine Warnung).

Doch bei dem „neuen“ Freddie-Album handelt es sich nicht um die Verwertung von halbfertigen Kompositionen bzw. Produktionen, sondern um die Bearbeitungen bereits veröffentlichter Produktionen: Fünf Songs stammen aus der 1987 in München entstandenen Solo-LP „Mr. Bad Guy“, zwei Songs sind aus dem Musical „Time“, für das Freddie gearbeitet hatte, die übrigen vier Titel wie „Great Pretender“ sind in den darauffolgenden Jahren in verschiedenen Zusammenhängen veröffentlicht worden. Bei der Auswahl dieser Songzusammenstellung wurde selbstredend und wohlbedacht so vorgegangen, daß der Eindruck eines neuen Albums mit bislang unveröffentlichten Songs oder Versionen ensteht. Weggelassen wurden dabei die „Zuckerl“, die für die nächstjährige Veröffentlichung der „Gesammelten Werke“ unbedingt benötigt werden.

Um den Eindruck des „Neuen“ zu rechtfertigen, beauftragte die Plattenfirma verschiedene Musiker und Produzenten mit der Überarbeitung. Vorgegangen wurde nach folgendem Re- gen. Die Plattenfirma ist der „Great

zept: Man nehme die Stimme und „verwertbare Teile“ der Originaleinspielung und bastelt dazu munter ein neues Plavback, etwa die gleichen Harmonien. Weglassen von Textzeilen, Änderung des Ablaufs — moderne Technologie macht das zu einer leichten Übung. Das Ergebnis ist Leichenfledderei. Komponist und Fan sind betroPretender“ (der große Heuchler), und das Ergebnis ist genau das, was Freddie nie wollte.

Zum Beispiel „Mr. Bad Guy“, der Titelsong der 85er LP: Ursprünglich ein aufwendig orchestriertes Werk, bei dem nun das orchestrale Leitmotiv einfach weggelassen und durch ein banales Gitarrenriff ersetzt wurde. Die Aussage der zwei Versteile wurde auf einen Teil zusammenproduziert und ist somit eher sinnlos, eine Gitarre spielt Brian May-ähnliche Figuren. Eine unfreiwillige Organspende auf einen fremden Klangkörper.

Es ist erschütternd und bestürzend, daß bei der Hälfte der Lieder eben nicht der heute „übliche Re-Mix“ vorgenommen wurde, um was auch immer zu erreichen. Hier wurden die Kompositionen an sich verändert. Änderungen, die sich für den Text sinnentstellend auswirken und eine der besten Stimmen dieser Ära befremdend dünn wirken lassen, ja, den Sänger Freddie Mercury in ein zweifelhaftes „Disco-Fieber-Licht“ abrutschen lassen.

Derartige Vorgänge sind im Musikbusiness heute gang und gäbe und haben bei schlechten Kompositionen und Produktionen vielleicht noch den Sinn des „Rettens was zu retten ist“ (wobei ich meine, daß solche Produktionen am besten von vomeherein nie in Angriff genommen werden sollten). Hier aber handelt es sich zweifelsfrei um einen der besten Sanger und Schreiber dieser Ära. der Respekt verdient hat. Dieser Umgang mit seinem Nachlaß ist — gelinde gesagt — eine dilettantische Sauerei, mehr von den Auftraggebern als den eigentlichen Ausführern. Damit noch einmal Geld zu machen, kann nur denen nützen, die das Restvermächtnis gegen prozentuale Beteiligung an den Gewinnen verwalten.

Ich war leider nicht in der rechtlichen Position, dieses Machwerk zu beeinflussen. Den einzigen freundschaftlichen Dienst, den ich Freddie erweisen konnte, ist dieses Statement.

Ich möchte damit auch alle Musiker, die sich mit ihren Werken identifizieren, empfehlen, testamentarisch festzuhalten, daß dererlei Änderungen nicht vorgenommen werden dürfen. Es kann nicht Sinn eines künstlerischen Schaffens sein, daß eine Verteilerfirma aus rein kommerziellen Gründen später solch gravierende. Eingriffe vornehmen darf. Man darf Leonardo’s Mona Lisa ja auch nicht ungestraft eine rote Pappnase aufsetzen, weil sie damit irgendwie lustiger aussieht. Den Verantwortlichen für Freddies „neues“ Album kann man sie aber getrost verleihen.

Mit freundlichem Gruß Mack