Zahnbürsten und nasse T-Shirts


Weg aus Virginia und weg von den Stereotypen: Thao Nguyen liebt und lebt das Storytelling.

Ihre musikalischen Vorlieben sind so divers, dass man von Vorlieben eigentlich nicht mehr sprechen kann: Bluegrass, Country, die Cowboy Junkies, Lucinda Williams, auch Beth Orton und Johnny Cash mögen naheliegen (zumindest wenn man ihr erstes Album Like the linen als Maßstab heranzieht), aber Modest Mouse und Chet Baker? Wovon Thao Nguyen singt, entspringt hingegen meist einer einzigen Quelle: persönlichem Erleben. Daher der Titel ihres Debüts (sie arbeitete schon mit zwölf in der Wäscherei ihrer Familie, wo sie hauptsächlich Leintücher faltete), daher auch die vielen Songs auf dem zweiten Album We Brave bee stings and all, die von ihrem Vater handeln. Dass der vor elf Jahren seine Zahnbürste einpackte und das familiäre Heim für immer verließ, war der bislang größte Einschnitt im Leben der 23-jährigen Tochter vietnamesischer Einwanderer, die in Virginia aufwuchs: „Es ist so schwül dort. Das ist meine Lebensaufgabe: nie mehr in einer Gegend leben, wo im Sommer … nein, immer ein Klima wie zwischen den Beinen herrscht“

Die Erfahrung des Verlassenwerdens übrigens hatte nicht nur schlechte Seiten: „Zu erleben, wie meine Mutter damit fertig wird und sich um die Familie kümmert, hat mir geholfen, eine ganze Menge Bullshit zu überstehen.“ Und es gab ihr Mut und Kraft für ihren Traum: Seit sie angefangen hatte, Gitarre zu spielen und zu singen (mit, na klar, zwölf), träumte sie davon, bei „VH-1 Storytellers“ aufzutreten. Der erste Schritt war ein kleines Studio, wo sie ganz allein mit dem Freund und (unerfahrenen) Produzenten Frank Stewart ihr erstes Album aufnahm. „Wir waren Neulinge und haben einiges vermasselt“, sagt sie heute.“Aber immerhin konnte ich zum ersten Mal meine Songs hören, ohne sie gleichzeitig zu spielen. Das ist heute noch einer meiner liebsten Momente, zum ersten Mal eine Aufnahme von einem meiner Songs hören.“

Heute ist vieles anders. Thao ist keine Unbekannte mehr, die familiäre Tragödie per Songwriting verarbeitet, und auf dem zweiten Album packt sie selbst die Zahnbürste aus: zum Gitarrespielen. „Als ich anfing, gab es jede Menge Singer-Songwriterinnen, bei denen die Gitarre nur ein Ornament war. Von diesem Stereotyp wollte ich mich unterscheiden. ‚ Das tut sie inzwischen sowieso, indem sie nicht mehr (nur) unter ihrem eigenen Namen firmiert, sondern eine richtige Band um sich gesammelt hat-die ihr auch in schwierigen Phasen des inspirierenden Alltagslebens zur Seite steht, etwa einer solchen, wie sie der Song „Swimming Pools“ beschreibt: einem „Nasse-T-Shirts-Wettbewerb“. „Es war Frühling, und Freunde überredeten mich, mit zum Strand zu kommen, dabei mag ich nicht mal Badeanzüge tragen. Unglaublich betrunkene Frauen gingen dort einen Laufsteg lang, wurden vollgesprüht, und die Typen standen auf einem Balkon und jubelten oder buhten sie von der Bühne, je nachdem, wie dick ihre Brüste waren. Das war das letzte Mal, dass ich was mit Männern außerhalb meiner Band zu tun hatte“

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