Happy Birthday, Marilyn!


Marilyn Monroe wäre heute 90 Jahre geworden. Redaktionsleiter Arne Willander würdigt sie mit einem Portrait.

Johnny Hyde starb; Marilyn befreundete sich mit dem Filmjournalisten Sidney Skolsky und hatte eine längere Affäre mit Elia Kazan: „Sie war ganz einfach keine Ehefrau – aber eine aufregende Freundin.“ Durch Kazan lernte sie den Dramatiker Arthur Miller kennen, der zehn Jahre älter und verheiratet war. Miller schien, dass er „etwas Geheimes mit ihr ausgetauscht hatte“. Natasha Lytess: „Sie erzählte mir aufgeregt, dass dies der Typ Mann sei, den sie ewig lieben könnte.“ Marilyn spielte in „Liebling, ich werde jünger“ neben Cary Grant eine Sekretärin mit Brille und in „Wir sind gar nicht verheiratet“ eine Fast-Ehefrau ohne Brille – der Drehbuchautor Nunnally Johnson sagte, er habe diese Rolle hineingeschrieben, weil er Marilyn zweimal im Badeanzug zeigen wollte (was er auch tat).

Alles über Eva: An der Seite von Bette Davis und George Sanders spielt Marilyn in dem Theaterfilm von Joseph L. Mankiewicz eine ehrgeizige, intrigante junge Schauspielerin.
1950, „Alles über Eva“: An der Seite von Bette Davis und George Sanders spielt Marilyn in dem Theaterfilm von Joseph L. Mankiewicz eine ehrgeizige, intrigante junge Schauspielerin.

Im Winter 1952 lernte sie in einem Lokal am Sunset Boulevard den ehemaligen Baseball-Star Joe DiMaggio kennen, der sie wortkarg bewunderte. Zwei Jahre warb er um sie, dann heiratete sie ihn: DiMaggio war ein „starker, stummer Gefährte, der bereit war, sie mit nimmermüder Inbrunst zu lieben“, so der Biograf Donald Spoto. Der Sportheld war freilich sehr eifersüchtig und hasste Marilyns Hang zum Exhibitionismus. Im „Life“-Magazin und anderweitig erschienen Geschichten über ihre Kindheit in Waisenhäusern mit Züchtigungen und Vergewaltigungen, das Studio bestand auf der Mär von der Vollwaise, während die Mutter in Asylen lebte, alkoholkrank und verwirrt war, und von Marilyn finanziell unterstützt wurde. Einen Brief der Mutter bewahrte sie immer auf: „Mein liebes Kind, bitte schreib mir doch einen Brief. Hier ist es im Augenblick sehr traurig. Ich wünsche mir so sehr die Liebe meines Kindes anstatt seinen Hass.“

„Blondinen bevorzugt“ (1953) ist der erste richtige Monroe-Film, wenngleich die Gage ihrer Partnerin Jane Russell zehnmal höher war. In „Wie angelt man sich einen Millionär?“ (1953) spielte sie abermals ein blondes Dummchen mit Brille. Nach 24 Filmen wollte Marilyn eine andere Schauspielerin, ja ein anderer Mensch werden. Als sie von der Hochzeitsreise mit Joe DiMaggio zurückkam, erzählte sie Sidney Skolsky, sie werde diesen Arthur Miller heiraten: „Warte ab, du wirst schon sehen.“

Blondinen Bevorzugt: Ein von Howard Hawks sehr ungern und auch nur zum Teil in Szene gesetztes Musical, in dem Marilyn „Diamonds Are A Girl’s Best Friend“ singt.
1953, „Blondinen Bevorzugt“: Ein von Howard Hawks sehr ungern und auch nur zum Teil in Szene gesetztes Musical, in dem Marilyn „Diamonds Are A Girl’s Best Friend“ singt.

Und so geschah es. Im Sommer 1955 posierte sie für „Das verflixte 7. Jahr“ über einem Luftschacht, und Billy Wilder sah Joe DiMaggios „Todesblick“. In der Nacht schlug er Marilyn; zwei Wochen später reichte sie die Scheidung ein. Die nächste Zeit verbrachte sie mit Sidney Skolsky und dessen Frau, mit dem Fotografen Milton Greene und im Actors Studio von Lee und Paula Strasberg in New York. Mit Greene gründete sie eine Produktionsfirma. Marilyn nahm Medikamente gegen Angstzustände und Depressionen und Tabletten gegen Schlaflosigkeit, und sie trank zwar nicht viel Alkohol, das aber mit verheerender Wirkung. Im Winter 1956 spielte sie in „Bus Stop“ – der Regisseur Joshua Logan konnte sie sich als Barsängerin nicht vorstellen, war aber mit Lee Strasberg befreundet und konnte es sich dann doch vorstellen. Nach den Dreharbeiten im kalten Phoenix, Arizona, rief Marilyn Arthur Miller zur Hilfe: „Ich kann so nicht arbeiten! O Papa, ich kann’s nicht!“ Miller: „Ihr Schmerz war auch mein Schmerz.“

Miller, des Kommunismus verdächtig, musste vor dem „Ausschuss gegen unamerikanische Umtriebe“ aussagen und nutzte eine Pressekonferenz, um seinen Pass zurückzufordern, weil er mit seiner künftigen Frau nach England reisen wolle. Marilyn: „Es war wahnsinnig nett von ihm, mir seine Pläne mitzuteilen.“ Sie heirateten im Juni 1956 und reisten für „Der Prinz und die Tänzerin“ nach England. Dort wohnten sie auf einem englischen Herrensitz, wo Miller sein Tagebuch offen liegen ließ – und Marilyn las darin, wie enttäuscht er von ihr sei: Ihre Launen, ihre Neigung zu Selbstzweifeln und Verzweiflung, ihre Depressionen machten ihn ratlos. Marilyn hatte in jenen Jahren drei Fehlgeburten und fürchtete bei der letzten, dass die Einnahme des Schlafmittels Amytal schädlich gewesen sei. Auch die Psychotherapeutin Marianne Kris in New York verhinderte den entfesselten Medikamentenkonsum nicht.

Wie angelt man sich einen Millionär? Das Inbild der 50er-Jahre: Marilyn, Lauren Bacall und Betty Grable gehen auf Millionärsjagd – meinen recht eigentlich aber doch Liebe.
1953, „Wie angelt man sich einen Millionär?“ Das Inbild der 50er-Jahre: Marilyn, Lauren Bacall und Betty Grable gehen auf Millionärsjagd – meinen recht eigentlich aber doch Liebe.

Marilyn entfremdete sich vollends von Arthur Miller, der in einer Schreibkrise steckte, als er während der Arbeit an „Machen wir’s in Liebe“ (1960) bei einem Streik der Drehbuchautoren das müde Skript umschrieb, das Geld von 20th Century Fox nahm und dann darüber klagte, dass er sich prostituierte. Sie hatte eine Affäre mit dem Hauptdarsteller Yves Montand, die sie ernster nahm als er. In ihrer Not suchte sie den Psychotherapeuten Ralph Greenson auf, einen Doc Hollywood, der später das Lehrbuch „Besondere Probleme bei der Psychotherapie reicher und berühmter Menschen“ schrieb. Greenson verursachte besondere Probleme, weil er Marilyn vereinnahmte, auf deren Gegenübertragung falsch reagierte, sie in sein Haus und seine Familie aufnahm und schließlich eifersüchtig und besitzergreifend wurde: der Psychiater aus der Hölle.

Arthur Miller schrieb das Drehbuch zu „Misfits – Nicht gesellschaftsfähig“, eine letzte sentimentale Hommage an Marilyn. „Ich glaube, du bist das traurigste Mädchen, dem ich je begegnet bin“, sagt der gegerbte Clark Gable – ihr Kindheitsidol –  zu ihr, und sie umarmt Bäume und trauert um Pferde, aus denen Wurst gemacht wird, und ist herzzerreißend, und Gable und Montgomery Clift und Eli Wallach sind es auch. John Huston verstand Marilyn nicht, und Miller verstand sie nicht, aber die beiden verstanden einander. Nach den Dreharbeiten in der Wüste von Nevada reichte sie die Scheidung ein: „Als ich ihn heiratete, hatte ich die Vorstellung, durch ihn von Marilyn Monroe wegzukommen, und nun bin ich wieder da und mache dasselbe.“

„BUS STOP“: Bauernbursche aus Montana kommt zum Rodeo in die große Stadt und verliebt sich in einen „Engel“ – er kann eine große Flasche Milch in einem Zug austrinken.
1956, „BUS STOP“: Bauernbursche aus Montana kommt zum Rodeo in die große Stadt und verliebt sich in einen „Engel“ – er kann eine große Flasche Milch in einem Zug austrinken.

Im Jahr 1962 bezog Marilyn ein Haus mit Garten am Helena Drive in Brentwood, wenn sie es auch traurig fand, dass sie für sich allein ein Heim einrichtete. Allein war sie aber nicht: Die Haushälterin Eunice Murray betrachtete sie als Adoptivtochter und bespitzelte sie im Auftrag von Dr. Greenson. Im April 1962 verbrachte sie in Palm Springs, im Haus von Bing Crosby, eine Nacht mit John F. Kennedy – ihr Masseur Ralph Roberts berichtet von einem Anruf aus dem Schlafzimmer, bei dem Marilyn ihn zu Kennedys akuten Rückenschmerzen befragte.

Nun begann das finale Drama im Leben der Marilyn Monroe: die Dreharbeiten zu „Something’s Got To Give“, einem Schwank um eine Frau, die bei einem Segelrennen im Sturm über Bord ging und nach fünf Jahren von einer tropischen Insel zurückkehrt, während ihr Mann sie für tot erklären ließ und eine andere Frau heiratete. 1940 war das ein Film mit Cary Grant, Irene Dunne und Randolph Scott, und nun wurde George Cukor für das Remake mit Dean Martin, Monroe und Cyd Charisse engagiert. An dem Drehbuch schrieben mehrere Autoren, unterstützt von Marilyn, die sich mit Paula Strasberg auf die Rolle vorbereitete. Bei ihrer Rückkehr nach Hause gibt sich die Totgeglaubte als skandinavisches Kindermädchen aus (die eigenen Kinder erkennen sie nicht), und dafür studierte Marilyn den Akzent und die Manierismen von Greta Garbo ein.

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