Aus der Musikexpress-Ausgabe Januar 1985: Wham: Make It Big


Sie haben noch etwas mit Ihren Fans gemeinsam: George und Andrew wohnen nach wie vor bei ihren Eltern.

„Make It Big“ heißt nicht nur das letzte Album der Popzwillinge George Michael und Andrew Ridgley. Es könnte auch das Motto ihres Lebens sein; der Leitfaden zu den lichten Höhen des Popgeschäfts.

Der Erfolg des Duos ist all denen suspekt, denen Entertainment in Reinkultur nicht genügt; die nach Tiefe suchen, wo an der Oberfläche alles klar zu erkennen ist. Leute, die meinen, daß das Leben doch aus mehr bestehen muß als aus der Sonne von Miami oder SV Tropez, schönen Mädchen und strahlend weißem Lächeln für Zahnpasta.

„Wham! Rap“ galt als Paradebeispiel für einen Song, der ein seriöses Thema, Jugendarbeitslosigkeit, zu einem witzigen Stückchen Popmusik verarbeitet. Heute wirft man den beiden Pin-up-Boys gerne vor, sie hätten ihre „Glaubwürdigkeit“ verloren; ihre Songs seien seichter, banaler geworden.

„Unsere ersten Titel hatten etwas Frisches, beinahe Naives, und das hat sie wohl so populär gemacht. Aber das läßt sich doch nicht endlos wiederholen! Damals waren wir arbeitslos und wußten nicht, wie es mit uns weitergehen sollte. Aber es wäre doch Unsinn, in diesem Stil weiterzumachen. DAS wäre unglaubwürdig, denn du hast recht: Heute führen wir einen anderen Lebensstil als die meisten unserer Fans. Also schreiben wir nicht mehr über die Art, wie wir leben, sondern über Dinge, die uns mit unseren Fans verbinden, wie etwa Beziehungen zu Mädchen. Ich sehe nicht, was daran falsch sein soll.“ Sie haben noch etwas mit Ihren Fans gemeinsam: George und Andrew wohnen nach wie vor bei ihren Eltern. Das führt dann zu Situationen wie der folgenden. George: „Mein Vater hat das alles immer noch nicht richtig begriffen. Neulich klingelten zwei Mädchen an unserer Haustür. Ich erklärte ihm, er solle ihnen sagen, daß ich nicht da sei. Und was tut er? Er sagt: ,Sorry, George ist nicht zu Hause; kommt doch später noch mal wieder.'“ Im Sommer traten Wham! im Rahmen eines Benefizkonzertes zugunsten der streikenden Bergarbeiter auf, zusammen mit Gruppen wie Wellers Style Council. Der Gig war allerdings nicht als politisches Statement gedacht: “ Wir haben nicht aus einer politischen Überzeugung heraus gehandelt, sondern weil wir wußten, daß viele Familien hungern und nicht wissen, wie es weitergehen soll. Das war für uns Grund genug, und wir würden es auch wieder tun.“ Wham! sind eine der ehrlichsten Popgruppen. Sie geben nicht verschämt vor, sich hinter ihrer Musik zu verstecken, weil diese wichtiger ist als ihr Ego. Sie bewegen sich In einem Rahmen, in dem die eigene Eitelkeit eine ebenso große Rolle spielt wie die Musik. Andrew faßt das treffend zusammen: „Natürlich geht es ums eigene Ego! Die meisten Leute sind in diesem Geschäft, weil sie ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl besitzen. Jeder, der das bestreitet und erklärt: ,Hör dir meine Musik an, aber laß mein Bild aus den Zeitungen ‚, der macht sich einfach etwas vor.“

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