Albert Koch: Van der Graaf Generator hat mein Leben verändert


In unserer neuen Serie erzählt die Musikexpress-Redaktion, was ihr Leben verändert hat: ein Konzert etwa, eine Single oder das Treffen mit einem Musiker. Albert Koch schreibt darüber, was die Platte "World Record" von Van der Graaf Generator ihm bedeutet.

Es war im Herbst 1976 – vielleicht. Wahrscheinlich war es aber Frühjahr 1977, als ich mit meinem besten Freund die wöchentliche Tour durch die – damals noch reichlich vorhandenen – Plattenläden Coburgs unternahm. In einem dieser Läden, ich könnte schwören es war die Schallplattenabteilung des Kaufhof, zog mein Freund dieses Album mit dem komischen Cover aus dem Regal. Halb Schallplatte, halb Erdkugel. Klar, dass er es sofort gekauft hat ohne reinzuhören. Als 14-/15-jährige Musik-Eskapisten aus der Provinz hat man das Recht, eine record by its cover zu jugden. Und wie Recht er diesmal hatte.

World Record, das siebte Album von Van der Graaf Generator –  Peter Hammill, David Jackson, Hugh Banton und Guy Evans – eröffnete uns eine vollkommen neue Musikwelt, so hatten wir Art-Rock noch nicht gehört. Die Interaktionen von Jacksons Saxophon und Flöte mit Bantons Hammondorgel, Hammills exaltierter Gesang, sein ökonomisches Spiel auf der elektrischen Gitarre, Evans’ manisches Schlagzeugspiel, „A Place To Survive“ diese Punk-Prog-Fusion, die Magie des fast 21-minütigen „Meurglys III (The Songwriter’s Guild)“, der bei jedem Hören zum besten Song aller vergangenen und kommenden Zeiten wird, „Wondering“ dieser Gänsehautsong, diese Ode an das Leben – damit begann für mich eine lebenslange Freundschaft mit der Musik von Van der Graaf Generator und von Peter Hammill. Ende März habe ich diese Freundschaft aufgefrischt beim Konzert von Van der Graaf Generator in der „Columbiahalle“ in Berlin. Ja, sie haben „ Meurglys III“ gespielt.

Lebenserfahrung sei die Summe aller Dummheiten, die man gemacht hat, meinen manche. Lebenserfahrung funktioniert aber auch second hand, durch die Vermeidung der Dummheiten, die die anderen gemacht haben und über die sie berichten. Wahrscheinlich hat mich Peter Hammill mit seinen existenzphilosophischen Texten in meiner Adoleszenz vor manch größeren Dummheit bewahrt.

Unnötig zu erwähnen, dass ich WORLD RECORD wählen würde, wenn ich nur eine Platte von Van der Graaf Generator behalten dürfte. Obwohl ich GODBLUFF und STILL LIFE schon ein paar Tränen nachweinen würde.

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