Arbeit Schickert Schneider

ASS

Bureau B/Indigo

Drei Gitarristen aus Berlin oszillieren zwischen Minimal-Elektronik, Jazz und afrikanischen Klängen.

Als Günter Schickert Mitte der 60er zur Berliner Musikszene stieß, lag Jochen Arbeit noch in den Windeln und Dirk Dresselhaus war gar nicht geboren. Diese drei Männer kommen also aus drei unterschiedlichen Jahrzehnten, aber trotzdem gibt es einige Gemeinsamkeiten: die Gitarre, die Verbindung zu elektronischer Musik, Berlin als Lebensmittelpunkt und das Hamburger Label Bureau B. Dort wurden Schickerts alte Werke ÜBERFÄLLIG (1979) und KINDER IN DER WILDNIS (1983 als Kassette veröffentlicht, 2013 erstmals als CD erschienen) neu aufgelegt, dort veröffentlicht Jochen Arbeit als Teil von Automat und Dresselhaus als Schneider TM. Obwohl jeder um die Existenz des anderen wusste, wären sie wahrscheinlich nie zu gemeinsamen Aufnahmen zusammengekommen.

Angeschoben wurde das Projekt ASS dann auch von Bureau B, und als Namen wählte man einfach die Initialen des Trios. Das Covermotiv mit einer Makro-Aufnahme von Kristallen der Acetylsalicylsäure (kurz: ASS), sowie einer Strukturformel ergab sich fast zwangsläufig, und auch die Songtitel beziehen sich auf das Temperatur senkende wie schmerzstillende Medikament. Der erste Track nennt sich schlicht „37° C“ , die folgenden steigen in Ein-Grad-Schritten bis zu „41° C“ an, der Übergang dieser fünf Instrumentals ist fließend. So wie die dronige Musik, die gemächlich mäandert und sich selbst bei „41° C“ nie dem Fieberwahn nähert.

Nichts stellt sich diesem Fluss in den Weg, keine Felsbrocken, keine Stromschnellen und auch die Gitarren sucht man sehr oft vergebens. Natürlich sind sie da, vor allem in „41°C“, aber vorher wurden die Riffs stark manipuliert und verfremdet. Drei Gitarristen machen also alles, eben nur kein klassisches Gitarrenalbum, aber das wäre auch zu vorhersehbar gewesen. Dafür kommen die afrikanischen Instrumente Balafon und Mbira zum Einsatz, sogar ein Schneckenhorn. Und in dem jazzigen Track „Acetyl“, der stark mit den fünf davor bricht, bläst Günter Schickert die Trompete zu afrikanischen Rhythmen. Aber irgendwie klingt diese Nummer wie ein Fremdkörper auf ASS, das mit „Salicyl“ endlich ein sehr lebhaftes, von Beats getriebenes und von Gitarren flankiertes Stück bietet, das den Höhepunkt bildet. Das finale „Säure“ ätzt und beißt nämlich nicht, es verliert sich wieder in Drones und ein bisschen Krautrock.