John Cale

M: Fans (Music For A New Society)

Double Six/Domino/GoodToGo VÖ: 22. Januar 2016

Das elektronisch irrlichternde Rework des Cale-Klassikers MUSIC FOR A NEW SOCIETY beeindruckt als radikale Neudeutung, kommt aber dennoch kaum über ein Appendix des Vater-Werks hinaus.

Es muss ein später und als dringlich empfundener Wunsch nach emotionaler Reinigung gewesen sein, der John Cale zu einer Überarbeitung seiner mehr als 30 Jahre alten Songsammlung MUSIC FOR A NEW SOCIETY führte. Was für ein Titel war das überhaupt? Diese Musik für eine neue Gesellschaft hatte 1982 das Licht der Welt erblickt, und sie rührte vor allem in einer existentiellen Verzweiflung.

Cale hat das Album damals als trostlos und quälend beschrieben, in den Angsträumen dieser Songs stellte er ein verstörendes Selbstporträt her: „Damn life, what it’s worth. Damn life, getting on without this city, it’s just self-pity. Damn life, you’re just not worth it“. Und jetzt also die radikale elektronische Neubearbeitung, hörbar in der Tradition des großen Radikalen und Romantikers John Cale stehend und im selben Moment ein Distanzhalter.

Cale arbeitete mit Samples aus den Originalsongs, aus denen er neue, in eigenem Recht stehende Tracks wachsen ließ, offen für noch ungedachte Klangszenarien. M: FANS ist in seinen von Störgeräuschen und klangsplitternden Irritationen heimgesuchten Soundvisionen mehr NEW SOCIETY als das Original. Aus gewundenen Klageliedern werden digital irrlichternde Dystopien. „Taking Your Life In Your Hands“, der erste Song der Vorlage, stolpert im Rework über Beats und verzerrte Keyboard-Bahnen und landet in einer futuristischen Noise-Oper mit Chor, „Thoughtless Kind“ führt Cale durchaus überzeugend als funky Post-Rock auf, „Close Watch“ kommt dagegen als Auto-Tune-Pop das dunkle Strahlen abhanden. „Changes Made“, im Song-Verband des Originals so etwas wie eine Pop-Erlösung, verwandelt sich 2016 in ein dumpfes Dark-Wave-Monster, das Kreischen gelernt hat. Alles muss raus jetzt.

Cale mag den Songs in diesen Arbeiten die bösen Geister geraubt, sich von Verzweiflung verabschiedet und einen erfolgreichen Privatexorzismus betrieben haben. Das sei ihm allemal zugestanden, für uns aber kommt M: FANS eher einem Appendix gleich, oder einer Fußnote zu den eleganten Elegien, die der Velvet-Underground-Gründer im Meisterwerk von 1982 aus der Taufe gehoben hatte. Original-Remaster mit drei Bonustracks () und Rework erscheinen als Doppel-CD und als Einzelalben auf Vinyl.