#rp13: Die re:publica der Angst




Der Musikexpress war am ersten Tag der Blogger- und Digitalkonferenz vor Ort und hat einen roten Faden ausgemacht: Angst!



Vor einigen Jahren hätte es noch geheißen, dass die re:publica sicherlich der letzte Ort gewesen wäre um Kulturpessismisten zu finden – obwohl die Angst vor dem sogenannten digitalen Wandel immer ein Thema war. Doch Angst, das hatten eben nur die anderen. Die gestrigen, die nicht jeden digitalen Scheiß mitmachen und über Social Media so lästerten wie Opa damals über das Fernsehen. Und die, die waren ja eh nicht da. Eine Bloggermesse? Blogs sind doch doof und böse.



Auch darum sollte es gehen. Kurz angeschnitten wurde das Thema des Kulturpessimismus unter anderem von Mercedes Bunz und Diedrich Diedrichsen. Als eine Stimmung die von etablierten Medien stets dankbar aufgegriffen wurde. Wir werden alle älter, Sachen ändern sich und früher war alles besser. Und so nutzt Diedrichsen die Chance ein Plädoyer für das physische Produkt auszusprechen. Er hätte nie was gegen die Produkte des Kapitalismus gehabt, im Gegenteil. Musik sei stets etwas fließendes gewesen, etwas das im Kontrast zum physischen Tonträger stünde. Seitdem dieser Weg ist müsste sich der Popstar selbst auch wieder mehr stylen. Das ganze geriet etwas unstringent, war aber dennoch unterhaltsam.



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Es war aber auch so, als wolle die Konferenz Wolfgang Michal vom Freitag Lügen strafen. Der verglich die re:publica gerade erst mit dem Kirchentag, auf dem Sascha Lobo das Wort zum Sonntag sprechen dürfe. Der rief während seines unterhaltsamen Überraschungsbeitrags zu mehr Dialog auf: „Wir müssen uns nicht fragen was Jesus tun würde, auch nicht was Google tun würde, sondern was Merkel überzeugen würde.“ Und zielte dabei auf Leistungsschutzrecht, Geschwindigkeitsdrosselung der Telekom, Funkzellenabhörung und und und…



Und ja, es birgt alles einer Ironie. Hier geht es um lediglich 350 Rednerinnen und Redner. Um lediglich 5000 Besucherinnen und Besucher. Und sie sorgen sich um Innovation, um, wie Lobo es formulierte, ein freies, offenes und sicheres Internet und werden nicht gehört. ACTA, CISPA, Netzneutralität. Die noch immer sogenannte Netzgemeinde hat Angst und wird kaum gehört.



Vielleicht ist es so wie ein Spiegel-Online-Kommentator auf einen kritischen Artikel zur Selbstbeweihräucherung der Konferenz schrieb: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch die Teilnehmer von Internetforen glauben, das wirkliche Leben würde sich hier abspielen.“



Solange Netzkultur und Real Life als Gegensatz empfunden werden wird sich daran nichts ändern. Das Internet ist schon lange in den Wohnzimmern angekommen, die Wirtschaft reißt sich auf webaffinen Events um StartUps, aber Netzpolitk ist für die breite Öffentlichkeit lediglich eine Sparte, ein Nischenthema. Da wird auch einem Online-Kommentator nicht die schmerzende Paradoxie seines eigenen Kommentars bewusst.



Es gibt diesen wunderbaren Trailer zur Dokumentation „Wir waren niemals hier“ der Berliner Band Mutter, in der Jochen Distelmeyer sagt: „Später werden die Leute sagen: Hier, das hat kein Schwein wahrgenommen. Das ist aber das Geilste gewesen.“

 Vielleicht ist es ja so. Vielleicht ist das aber auch genau die Selbstbeweihräucherung die kritisiert wird. Wir müssen reden!

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