5 Fragen an Chemical Brothers


Über Momente, das Anderssein, säckeweise Geld, schlechtes Gewissen und in Tränen aufgelöste Clubs auf Ibiza.

1 Euer neues Album klingt ja erstaunlich frisch. Was ist denn passiert?

ED SIMONS: Wir leben nicht mehr in der Tasche des anderen. Tom ist aufs Land gezogen, hat Nachwuchs gekriegt; ich hab kürzlich geheiratet. So ist das Lebensgefühl leicht anders geworden. Wenn’s ein Arbeitstag ist, muss ich in den Wagen steigen und zu Tom fahren. Das konzentriert den Geist. Man weiß, das wird ein Chemical-Brothers-Tag. Das ist was ganz anderes, als wenn man jeden Tag ins gleiche Studio driftet, einfach, weil man’s seit Jahren so gemacht hat. Was anderes kam noch dazu: Es hat uns schon getroffen, dass COME with US nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen wurde. Wir waren aber überzeugt, dass auf jeden Fall noch mal ein starkes Album in uns steckte.

2 Der Rummel um Skint Records und überhaupt Big Beat ist eingepennt. Ganz zu schweigen von den Gross-Ctubs. Hat das Wegfallen derartiger Sachzwängen neue Freiräume geschaffen?

TOM ROWLAND: Wir waren immer der Meinung, dass wir unseren eigenen Raum hatten. So was wie „Song To The Siren“ bewegte sich abseits vom Mainstream in den Clubs. Die Clubs waren nie die Hauptsache in unserem Denken, aber unsere Musik mit all ihren diversen Einflüssen wird geprägt davon, dass wir eben gern in die Clubs gegangen sind. Dennoch ging es uns nie darum, bei einer Szene dabeizusein. Wir wollen aus dem Einheitssound herausstechen. Wir zelebrieren das Anderssein.

3 Macht euch das DJ-Spielen nach all den Jahren immer noch Spaß?

ED SIMONS: Wir tun’s nicht mehr so oft, aber wenn wir’s tun, macht’s Spaß. Es ist aufregend, ein Stück direkt vom Studio auf den Club-Plattenteller zu bringen. Da kriegt man eine Instant-Reaktion, die ganz anders ist als die eigene Wahrnehmung, nachdem man sich Tage lang intensiv nur damit beschäftigt hat. Natürlich war’s was anderes, als wir jünger waren, massenweise Platten kauften und Teil der Tanzszene waren. Wenn man mal hunderte von Clubs und Tanzböden mit hochgereckten Armen gesehen hat, ist das nicht mehr ganz so erfüllend wie früher. Trotzdem noch bei jedem Auftritt hat’s einen Moment gegeben, wo wir wussten, das macht’s wert.

4 Ein paar Platten auflegen und dafür sackweise Geld abzutransportieren habt ihr da noch nie ein schlechtes Gewissen gehabt?

ED SIMONS: Na ja – bei der Millennium-Sylvester-Party vielleicht – da haben wir wirklich einen Haufen Geld kassiert, aber eine besonders gute Party war das nicht. Aber… nein, Schuldgefühle haben wir deswegen nicht. Meistens haben die Leute ja doch ihren Spaß. Und wir sind bestimmt nicht die, die am meisten verdienen an so einem Abend.

5 Stimmt die Legende, dass sich mal ein ganzer Club in Ibiza buchstäblich in Tränen aufgelöst hat wegen eurer Musikauswahl?

TOM ROWLAND: Pfft… ja, das stimmt. Barry White, gefolgt von Depth Charge. Wir waren der Meinung, das sei der perfekte Start für den Sonntagmorgen auf der Terrasse vom Space.

ED SIMONS: Und Jean Jacques Perrey. Die Leute wollten 135 bpms und Gesang. Ich fand das auch irgendwie gut. Die waren mit Passion dabei, die wollten nun mal ihre Musik haben und nichts anderes. Ich habe da keinen Dünkel. Ich hielt das, was wir spielten, nicht für besser als das, was sie wollten. Nur anders. Ein freundlicher Spanier ist dann gekommen und hat uns von den Decks geholt. Immerhin haben wir noch Frühstück gekriegt.“

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