Ólöf Arnalds
SPÍRA
Bella Union/Bertus (VÖ: 5.12.)
Eine warme Folk-Kuscheldecke gegen Reizüberflutung und die Winterdepression.
Elf Jahre liegt Ólöf Arnalds’ letztes Album PALME zurück. Die Aktivitäten der Isländerin fokussierten sich seither auf ihre Heimatinsel, wo Arnalds Kinder großzog und mit ihrem Partner in Reykjavík einen Veranstaltungsort für Experimental-Musik betrieb. Ersteres schlägt sich auf SPÍRA, deutsch: Spross, deutlich stärker nieder.
Wie auf ihren frühen Alben singt Arnalds in ihrer Muttersprache und hält die Instrumentierung akustisch und luftig: Gitarre, Klavier, gezupfte Violine, Charango. Ihr eigenwilliger, ätherischer Sopran nach Art Joanna Newsoms braucht nicht viel Drumherum, zumal wenn er so himmelsstrebende Melodien formt wie im sehnsüchtigen „Von um mildi“ oder dem bedächtig schunkelnden „Stein fyrir Stein“, zu dem man in der Tat ganz wunderbar barfuß von Stein zu Stein springen könnte.
Das folkige Stimmungsbild mit traditioneller Note reicht von sachter Beschwingtheit bis zur Elegie mit gespenstischen Chor- und Orgel-Spuren. Von harschen Brüchen kann jedoch keine Rede sein. Es bleiben Nuancen. Und SPÍRA anschmiegsam wie eine Fleece decke. Nicht das schlechteste Utensil in lauten, dunklen Zeiten.
Diese Review erscheint im Musikexpress 1/2026.



