Blickfang


Faithless waren am Ende. Nun stehen sie erneut im Mittelpunkt.

Sister Bliss ist empört, bestreitet entschieden, dass Faithless einzig Rollo Armstrongs musikalische Visionen verwirkliche: „Obwohl Rollo für die Endproduktion verantwortlich ist, hat er nicht allein das Sagen. Maxi und ich bringen uns genau so stark in die Band ein wie er.“ Stimmt. Immerhin komponiert Sister Bliss die Musik, und Maxi Jazz schreibt die Texte. An dieser Arbeitsteilung hält das britische Trio auch auf seinem 3. Album („Outrospective“) fest. Wie der Titel verrät, ist auf dieser CD vieles anders als auf dem eher introvertierten Vorgänger „Sunday 8pm“ „‚Outrospective'“, so Bliss, „ist das musikalische Pendant zu dem Film ‚Gladiator‘. Wir geben uns ebenso wild wie Russel Crowe.“ Das mag ein wenig übertrieben sein. Zumindest aber klingt das neue Werk nicht so düster melancholisch wie „Sunday 8pm“ „Damals“, erinnert sich Bliss, »waren wir total am Ende.“ Eine lange Tournee hatte Faithless ausgelaugt. Jamie Catto und Dave Randall verließen die Gruppe. Obendrein zerbrachen die Partnerschaften aller Bandmitglieder. „Wir mussten unser Leben neu ordnen“, sagt Bliss. Darum gönnten sich die Briten eine längere Pause. Bliss arbeitete wieder als DJ, Jazz fuhr Autorennen, Rollo Armstrong produzierte das Dusted-Debüt. Danach gingen Faithless ganz gelöst ins Londoner Protocol Studio. Was ihrer Musik – angereichert um Motown-Samples, gute Grooves und flotte Uptempo-Beats – durchaus zugute kam. Tracks wie „One Step Too Far“ featuring Armstrongs inzwischen weltbekannte Schwester Dido klingen beinahe schon fröhlich. Zoe Dicksons einschmeichelnde Stimme verleiht „Crazy English Summer“ so etwas wie einen unaufdringlichen Pop-Appeal. Pop-Appeal? Bliss ist pikiert. In diese Schublade will sie nicht gesteckt werden: „Unsere Wurzeln“, betont sie, „liegen im Rap. Faithless-Melodien kann nicht der Postbote pfeifen.“

Trotzdem mag die Band schöne Melodiebögen – und auch melancholische Momente. Das spärliche Piano-lntro von „Not Enuff Love“ verleiht dem Song einen zarten, beinahe zerbrechlichen Charakter. Maxi Jazz nickt: „Dieses Lied beschreibt die Gedanken eines Obdachlosen. Die Reichen tun ihm leid, weil sie keine Liebe in sich tragen. Schau dir nur Madonna an“, fährt Maxi fort, „obwohl sie eine der reichsten Frauen dieser Welt ist, war sie jahrelang einsam.“ Geld allein macht nicht glücklich, daran besteht für Maxi Jazz nicht der geringste Zweifel, denn: „Kohle und Ruhm sind ohne Liebe nichts wert.“ Es ist noch gar nicht so lange her, da war Maxi selbst ein Häufchen Elend: „Ich misstraute anderen Leuten, konnte mich selbst nicht leiden.“ Das hat sich geändert – dem Buddhismus sei Dank. „Mein Glaube hat mich gelehrt, jeden zu lieben. Jetzt bin ich ein glücklicher Mensch. -» www.faithless.co.uk