Alben der Woche: 16. – 22. Juli 2012


Die Neuerscheinungen der Woche. Unter anderem mit Frank Ocean, The Gaslight Anthem und Purity Ring.

Platte der Woche: Frank Ocean – Channel Orange
„Mit „Super Rich Kids“ geht es richtig los. Allein schon der Beat! Viel mehr als monoton aufeinanderfolgende Pianoakkorde, die an Elton Johns „Bennie And The Jets“ erinnern, gibt es nicht zu hören. Aber das ist gut so. Mehr Sound würde davon ablenken, was Frank Ocean zu sagen hat. Er redet von jungen Leuten, die zu viele Weinflaschen von einer Sorte besitzen, deren Namen sie nicht aussprechen können. Von verzogenen Gören, die nicht groß von ihren Eltern und den Hausmädchen behelligt werden und in Ruhe auf Spritztour gehen und weiße Linien schniefen können. Kurzum: „Super rich kids with nothing but loose ends, super rich kids with nothing but fake friends.“ Es ist eine Zeile, die man sein Leben lang nicht vergessen wird. Es ist aber auch eine Zeile, die unmissverständlich klar macht, wie sich dieser Frank Ocean als Gegenmodell positioniert.

Ocean will nicht Teil einer künstlichen und aufgetakelten Scheinwelt sein und sich da aufhalten, wo Paris Hilton und Lindsay Lohan schon sind. Assoziiertes Mitglied der schrägen Rap-Crew Odd Future zu sein bedeutet ihm inzwischen mehr als eventueller Ruhm als Songschreiber. „I’m searching for real love“, singt er am Ende von „Super Rich Kids“. Wie diese wahre Liebe aussehen soll, weiß er offenbar noch nicht so recht. Kurz vor der Veröffentlichung dieses Albums hat Ocean in seinem Blog darüber informiert, dass seine erste Liebe ein Mann war. Dieselben Zeilen kann der Besitzer der CD nachlesen. Sie stehen auf einem kleinen Zettel, der beigefügt ist. Wenn man bedenkt, wie gleichgeschlechtliche Liebe in der Welt des HipHop und R’n’B angesehen ist, ist so ein Bekenntnis ein mutiger Schritt.“ (ME-Autor Thomas Weiland)

D
Debo Band – Debo Band

G
The Gaslight Anthem – Handwritten
„Die US-Rocker wandeln weiter in den großen Spuren von Springsteen – Von Frontmann Brian Fallon gibt es die Aussage, dass er mit The Gaslight Anthem nicht als Fußnote in die Pop-Geschichte eingehen möchte. Also nicht so enden will, wie die famosen Replacements, die er verehrt. Da ist es natürlich hilfreich, dass Bruce Springsteen als Patron des Quartetts aus New Jersey gilt und man nicht nur freundschaftlich verbunden ist, sondern sich schon öfter gegenseitig bei Konzerten auf der Bühne unterstützte. Ergibt ja auch Sinn, denn die musikalischen Parallelen zwischen dem Boss und Gaslight Anthem sind auf dem vierten Album Handwritten wie schon vorher auf American Slang unüberhörbar. Vom Indie- und Punk-Rock des Debüts Sink Or Swim (2007) bleibt da deshalb nicht mehr viel.“

Guido Möbius

P
Purity Ring – Shrines    
„Ohne eine Spoiler-Warnung auszurufen: Aber wer den dritten Track gehört hat, wird erahnen, in welche Richtung es bis zum Letzten geht. Es ist eine schöne Gewissheit, dass wir es mit einem Ohrwurm zu tun haben, ganz gleich, welcher Song als nächstes ansteht. Megan James schreibt fantastische Hooks, wie vor allem in „ Amenamy“ zu hören ist. Es sollte verboten werden, diesen Refrain nur zweimal in dem Song vorkommen zu lassen. Aber für solche Fälle wurde ja die Repeat-Taste erfunden. Alle vier bislang bekannten Songs sind auf Shrines vertreten. Der Blog-Hit „Lofticries“, der mit heruntergepitchten Vocals beginnt und zur melancholischen Ballade wird, genauso wie „Ungirthed“, ihre anpeitschende erste Single aus dem vergangenen Jahr, sowie „Belispeak“ und „Obedear“, der atmosphärische Abräumer bei sämtlichen Live-Shows. Wenn man bedenkt, dass es diese Band vor eineinhalb Jahren noch gar nicht gegeben hat und sie jetzt ein Album wie dieses vorlegen, dürfen wir bei dem Tempo noch einiges erwarten. Große Empfehlung.“ (ME-Praktikant Christopher Hunold)