As Tears Go By


Roland Orzabal und Curt Smith konnten bereits ihr zehnjähriges Jubiläum feiern: Die beiden spielen in unterschiedlichen Bands zusammen, seit sie 13 waren -was für Neugierige Rückschlüsse auf ihr Alter zuläßt. Daß sie in England lange unter ihrem traurigen Image litten, hing nicht nur mit ihrem Gruppennamen, sondern mit ihrer Debüt-LP THE HURTING zusammen, in dem es um die Probleme des Erwachsenwerdens ging. Dabei wollten die beiden eigentlich nur den Leuten Mut zur Veränderung geben. Statt dessen nahm jeder an, Curt und Roland seien ausgesprochen depressive Leute. Aber bereits „Mother’s Talk“ belehrte Publikum und Kritik eines besseren, und das neue Album SONG FROM A BIG CHAIR hat sowohl musikalisch als auch textlich einen eher kämpferischen Tenor.

Beide wollen „weg vom Middle-of-the-Road-Pop und hin zu einer aggressiveren, vibrationsreicheren Musik“. „Shout“ kann nach Curts Meinung durchaus als Protestsong verstanden werden: „Man soll die Dinge nicht blind hinnehmen, ohne sie zu hinterfragen, sondern etwas dagegen tun. Unser erstes Album war auch stark, aber zu persönlich. Damit läuft man Gefahr, in eine Ecke abgeschoben zu werden. Dieses Mal haben wir mehr generalisiert. Die Leute sollen nicht nur uns, sondern auch sich selbst in den Texten wiederfinden.“

Abgemischt haben sie das Album in den Münchner Unionstudios und sind immer noch des Lobes voll für die freundliche Hilfsbereitschaft: „Die Leute fuhren beispielsweise zwei Tage lang mit uns zurück zum Hotel, damit wir uns den Weg einprägen konnten. In London kriegst du einen Stadtplan, wenn du Glück hast.“

Der Erfolg ihrer Singles „Mother’s Talk“ und „Shout“ hat sie selbstsicherer werden lassen. Aber es zeichnen sich bereits die ersten negativen Aspekte des frühen Ruhmes ab. „Ich bin seit zwei Jahren verheiratet“, erzählt Curt. „Meine Frau hat mich in dieser Zeit unterstützt und es mir ermöglicht, im Musikgeschäft Fuß zu fassen. Aber ich will auch in Zukunft mein Privatleben für mich behalten.

Ich sehe ein, daß ich einen Teil meiner Privatsphäre opfern muß, wenn wir mit unserer Musik Erfolg haben wollen. Aber weder Roland noch ich wollen 24 Stunden am Tag Stars sein, weil wir nicht zu der Sorte Leute gehören, die sich ununterbrochen selbst bestätigen müssen. “ Daß sie nicht auf ein Podest gehoben werden wollen, zeigen auch ihre Videos, in denen sie einfach sie selbst sind: „Viele Leute in diesem Geschäft wollen sich gerne als Stars sehen. Aber das bedeutet auch, daß sie anders behandelt werden wollen, weil sie sich für etwas Besseres halten oder unsicher sind. Wir legen darauf keinen Wert.“