Auf der Suche nach Ruhe und Inspiration wären Snow Patrol beinahe zu Hippies geworden


Gary Lightbody reibt sich die Augen, nippt am Apfelsaft und versucht sich seine Erschöpfung nicht anmerken zu lassen. 14 Interviews hat er heute schon hinter, zwei noch vorsieh. Erst dann kann ersieh ein bißchen erholen für den Auftritt von Snow Patrol im Kölner Prime Club. 17 Interviews an einem Tag-an die Zeiten, als seiner Band so viel Interesse nicht in einem ganzen Jahr entgegengebracht wurde, kann sich Gary gut erinnern. Wir hatten zwei Platten auf kleinen Indie-Labels herausgebracht, eher mittelerfolgreich. Keine große Plattenfirma wollte uns anfassen. Wir überlegten ernsthaft, die Band aufzugeben und uns normale Jobs zu suchen.“ Zum Beispiel? ,. Musikjournalist vielleicht, aber vermutlich ein schlechter. Ich bin, glaube ich, ziemlich unkritisch.“

Gut, daß 2004, nach gut zehn Jahren, FINAL STRAW kam, ein Album, dessen Titel vielleicht nicht zufällig wie eine Beschwörung klang: Es möge doch nun bitte klappen mit dem großen Durchbruch! Nicht daß zuvor gar nichts passiert wäre. Mit zwei Platten auf dem Belle-&-Sebastian-Label Jeepster und auf Tour mit Supergrass wuchs die Fangemeinde des irisch-schottischen Quartetts langsam, aber stetig. Nach dem Erfolg von final STRAW und vor allem der Cinemascope-Glamrock-Hymne „Run „waren unter den Fans dann jedoch Leute, die selbst Fans haben: „Plötzlich will sich Michael Stipe mit dir unterhalten“, wundert sich Gary. Und Bono will mit dir auf Tour gehen. Und auch die von Live8 brauchen dich unbedingt auf der Bühne im Hyde Park.

Und dann merkst du, daß du kaum noch dazu kommst, neue Songs zu schreiben. „Ich frage mich, wie Alex Kopranos das hinkriegt‘. sagt Gary. „Franz Ferdinand waren ja wirklich ununterbrochen unterwegs. Wie kann er da an Songs arbeiten? Bei mir geht das nur, wenn ich Ruhe habe.“ Die holten sich Lightbody und seine Kollegen in Bringe an der irischen Westküste, wo die meisten Songs für das vierte Album Exes Open entstanden. „In meiner Jugend mochte ich Nordirland nicht so, weil es wegen der religiösen Konflikte ein sehr von Wut und Haß bestimmter Ort war. Deshalb bin ich ja auch mit 18 von dort weggezogen“, sagt Gary, der wie Drummer Jonny Quinn in der Umgebung von Belfast aufgewachsen ist. Die Konflikte gibt es noch immer. „Aber insgesamt ist es ein sehr friedlicher Ort geworden. Die Songs entstanden auf einer Halbinsel mit einer Steilküste, mit Bergen und weiten Feldern. Ständig liefen dir dort irgendwelche Tiere über den Weg. Eine sehr pastorale Umgebung. Hätte nicht viel gefehlt, und wir wären alle zu Hippies geworden.“

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