AUGENBLICK


Es war einer jener überraschenden Augenblicke der Popgeschichte, jene vier Wochen im Sommer 1967, als der 16-jährige Schüler Alex Chilton aus Memphis mit der Band The Box Tops und dem federleichten Song „The Letter“ auf einmal Platz Eins der amerikanischen Single-Charts erklomm und für vier Wochen dort blieb. 1971 gründete er dann mit großen Erwartungen sein nächstes Ensemble Big Star, eine so einflussreich wie erfolglose Proto-Indie-Rockband, zu deren bekanntesten Fans R.E.M., Wilco, Teenage Fanclub, Jeff Buckley, Elliott Smith und The Replacements gehör(t)en. Letztere widmeten Chilton sogar ein Lied, von dem der Sänger mit der rostigen, kratzigen Stimme nicht begeistert gewesen sein soll. „Wenn ich populärer wäre, würden mich die Kritiker nicht mehr so mögen“, sagte er 1987. Chilton hatte da bereits Frieden mit der Erfolglosigkeit geschlossen. Am 17. März wurde der über Schmerzen klagende Chilton ins Krankenhaus von New Orleans eingeliefert. Der 59-jährige Sänger erlag noch am selben Tag einem Herzinfarkt.

„Ich wollte einen Film machen, der für die Graffitikunst das ist, was ,Karate Kid‘ für die Martial Arts war: Einen Film, der jedes Schulkind dazu bringt, mit einer Sprühdose loszuziehen“, sagt Banksy, legendäres britisches Street-Art-Phantom, über seinen ersten Film „Exit Through The Gift Shop“, dem die abgebildete Szene entnommen ist. Der Film, der außer Konkurrenz auf der diesjährigen Berlinale lief und jetzt in britischen Kinos startet, begleitet den Franzosen Thierry Guetta, der die Nähe zu Straßenkünstlern sucht und diese mit dem Vorwand eines Dokumentarfilms über ihre Arbeit findet. Seinen eigenen Cousin Space Invader und Shepard Fairey (bekannt für die „Obey Giam“-Kampagne und sein „Hope“-Plakat, dem bekanntesten Motiv aus Barack Obamas Wahlkampf) bekommt er dafür vor die Kamera. Dann erwischt er sogar Banksy. Der bringt Guetta dazu, das angesammelte Filmmaterial zu schneiden. Das Ergebnis ist entsetzlich. Banksy dreht den Spieß um: Guetta soll unter dem Alias „Mr. Brainwash“ selbst zum Straßenkünstler werden und Banksy nimmt sich des Films an. Aber tut er das, ja, kann er das überhaupt? Bis zuletzt bleibt unklar, ob es sich hier um eine Documentary oder eine Mockumentary handelt. Ist vielleicht der komplette Film nur eine weitere Ausdrucksform von Banksys Verwirrspiel mit Identitäten? Sind Banksy und Mr. Brainwash ein und dieselbe Person? Und ist das überhaupt wichtig? So richtig wichtig ist es nicht, so lange dieser Film so grandios unterhält. Der Soundtrack stammt übrigens von Roni Size und Geoff Barrow von Portishead.