BAP


DER ROTE VORHANG FÄLLT, UND DA steht er nun, der Mann mit dem Hut: Klaus „Major“ Heuser, BAP-Gitarrist. Der Musiker, der die Band nach der „Comics & Pin Ups“-Tour verlassen wird. Heute fällt the final curtain – und da gilt es, noch mal zu zeigen, was man drauf hat. Und der Major hat’s drauf. Immer noch. Und wie. John Wayne ist ein Fliegenschiß gegen das, was der Major schon beim Opener „Psycho Rodeo“ den 15.000 begeisterten Zuschauern vorführt. Großes Posine, sehr breitbeinis. Maiors Colt ist die Gitarre, dagegen ist an diesem Abend kein Kraut gewachsen, bei schätzungsweise der Hälfte des Sets schält sich sein Instrument aus dem Soundbrei heraus und reitet solo. Kaum ist ein Viagra-Gitarrensolo überstanden, droht das nächste: immer wieder der Ritt auf zwei bis drei Noten, minutenlang. Ungelogen: Wasser abgeschlagen, noch einen kurzen Schwatz mit der Klofrau gehalten, zurückgekommen – und der Major ist immer noch beim selben Solo. Peinlich. Kollege Niedecken hatte sich zwei Tage vorher an gleicher Stelle nicht geschämt, neben dem Boß, Bruce Springsteen himself, einen Song lang („Hungry Heart“) einen Promo-Auftritt zu absolvieren. Und heute gibt er, reichlich hüftsteif, selber den kleinen Boß. Dabei badet er wie der gesamte BAP-Sound – egal ob neue Songs wie „Ahnunfürsich“ und „Lena“ oder Oldies wie „Frau, ich freu‘ mich“ – in anglo-amerikanischer Mainstream-Sülze. BAP, soviel ist klar, haben ihrem abgestandenen Kölschrock auch auf der Abschieds-Tournee in alter Besetzung nichts Bereicherndes hinzuzufügen. Warum auch? Der Erfolg gibt ihnen recht, die Kölnarena wird gleich viermal bespielt, und eine Reihe weiter wird schon geschunkelt. Nach der Session ist eben vor der Session, und irgendwie ist immer Karneval in Köln. Dem Schrecken ohne Ende folgt denn auch noch ein Ende mit Schrecken: die Cover-Version von Bowies „Heroes“. Sharyl Hackett, die Perkussionistin, darf neben Niedecken zeigen, daß ihre Stimme ungefähr 25 Oktaven umfaßt. Beseelt oder gar soulful ist das Ganze trotzdem nicht, es wird, wie fast alles bei diesem Gig, wahlweise von Keyboard, Saxophon oder Mundharmonika zugekleistert. „Rock ’n‘ Roll ist von seinem Grundwesen her subversiv und anarchisch“, hat Niedecken in „Verdamp lang her“, dem Buch zum 20jährigen Dienstjubiläum der Kölschrocker, doziert. Folgerichtig gibt’s am Merchandising-Stand T-Shirts mit BAP-Logo und einem hübschen Bild von Alt-Revoluz2er Che Guevara. Schön bunt, komplett im Andy-Warhol-Stil. Da möchte man sofort die Konterrevolution ausrufen. Gitarren-Soli gab’s übrigens nicht am Fanartikel-Büdchen. Die waren aus, weil sie der Major vor dem Konzert alle weggekauft hatte.