Beats 4 Life Festival


ES WAR EINE GROSSE ÖFFENTLICHE BILANZ: ZUM ENDE des Jahres, in dem deutsche Beats und Sprechgesang ihren vorläufigen kommerziellen Höhepunkt erreichten, versammelten sich alle relevanten Plattenkratzer und Reimschmiede zur einer fröhlichen Jahresabschlusskundgebung mit ganz dolle Auf- und Abhüpfen. War das AIDS-Hilfe-Benefiz-Fest „Beats 4 Life“ für dieses Jahr ursprünglich als reine Four Music-Veranstaltung geplant, mochten letztendlich auch die hanseatischen Speerspitzen des Deutsch-Hop nicht hintan stehen, und so durften denn doch noch Fünf Sterne Deluxe, Eins Zwo und der selbsternannte King Of Proll, Ferris MC (letzterer als strunzbreiter Conferencier des Abends), die Hütte rocken. Los ging’s aber erstmal mit DJ Thomilla, dessen Set sehr anschaulich demonstrierte, wie HipHop in Deutschland rezipiert wird: Als ebenso coole wie enthemmte Partymusik. Kein armverschränktes Kopfgenicke – die Leute wollten schwitzen. Als nächstes folgte der unglaubliche Mr. Gentleman. Ein Phänomen, der Mann: Kommt einfach daher und fixt die Menschen mit lupenreinem Reggae an – einem Genre, das hierzulande bislang aufgrund muffiger Folklorisierungen vor sich hin sumpfte. Erstaunlich, dass es bei den nachfolgenden Blumentopf nicht zu einem ersten Stimmungseinbruch kam, aber was die Münchner an musikalischer Individualität noch vermissen lassen, machen sie eben durch hohe Sympathiewerte wieder wett. Die absoluten Stars des Abends waren selbstverständlich Freundeskreis und die Fantastischen Vier. Erstere bewiesen abermals, dass es sich bei ihnen weniger um einen rappenden Juso-Infostand handelt, sondern vielmehr um ein sympathisches, funky Kollektiv, das HipHop als musikalisches Esperanto, als internationale Kommunikationsform versteht. Die Menge tobte. Noch mehr tat sie das beim Auftritt der Fantastischen Vier: Voll okayer Party-Pop, der sich zwar näher denn je am aktuellen Deutsch-Rap-Geschehen befindet, seine Style-Limitierungen aber nach wie vor genial hinter einer markigen Bühnenpräsenz verbirgt.

Die künstlerischen Höhepunkte wurden definitiv von den Überraschungsgästen aus Hamburg gesetzt. Fünf Sterne Deluxe demonstrierten erstmals ihre neue musikalische Vision einem größeren Publikum: Alles ein paar BPM schneller und pumpen, pumpen, pumpen. „Jaja, deine Mudder“, Party. Backstage beschäftigte derweil alle Beteiligten nur eine Frage: Würde der restlos zubetonierte Ferris seine Anmoderation für den letzten Art noch schaffen? Er schaffte sie. Von zwei Kollegen auf die Bühne getragen, konnte er gerade noch brüllen: „Lasst mich runter, ich muss kotzen – hier sind Eins Zwo!“ Und die zeigten dem Publikum dann abschließend nochmal, wo beim HipHop vorne ist: DJ Rabauke lieferte sparsamste, dreckige Beats, funky Rhythmus-Mathematik mit Wumms, und Dendemann spielte dazu psychedelisches Reim-Domino. Ein gutes Zeichen, dass man mit so was heutzutage selbst nach den Fantas nicht abkacken muss.