„Better Call Saul“ auf Netflix: Endlich auf dem Niveau des großen Bruders „Breaking Bad“


Mit der Rückkehr eines aus „Breaking Bad“ bekannten Schurken erreicht „Better Call Saul“ in der 3. Staffel neue Höhen.

Bereits nach wenigen Minuten der neuen, der dritten „Better Call Saul“-Staffel bemerkt man, in welchen Sphären sich die Serie qualitativ mittlerweile aufhält. Wie die zwei bisherigen Staffeln der „Breaking Bad“-Vorgeschichte, die sich um den windigen Anwalt Saul Goodman dreht, beginnt Staffel 3 (immer Dienstag auf Netflix) mit einem Blick in die Zukunft.

Goodman (Bob Odenkirk) hat – viele werden sich erinnern – „Breaking Bad“ kurz vor dem Finale verlassen, lebt nun mit neuer Identität irgendwo und arbeitet in einem Café in einem Einkaufszentrum. Als gebrochener Mann, der keine Verbindung zu seinem früheren, aufregenden Leben mehr hat. Doch jetzt, zu Beginn der neuen Folgen, bricht der alte Goodman kurz aus ihm heraus. In seiner Pause verpfeift er einen Ladendieb, der daraufhin von der Polizei abgeführt wird. „Hol dir einen Anwalt, sag kein Wort“, schreit der ehemalige Anwalt, jetzt Petze dann aber doch noch hinterher. Erleben wir die Rückkehr Saul Goodmans im Exil? Tun wir nicht, dann „Better Call Saul“ setzt einen harten Schnitt und geht weit in die Vergangenheit zurück, in der die Serie nun einmal eben spielt und in der Saul Goodman noch Jimmy heißt.

3. Staffel „Better Call Saul“: Annäherungen an „Breaking Bad“

„Better Call Saul“: Deshalb war die 2. Staffel so gut
Der Ärger darüber, dass die spannende Szene unterbrochen wird, hält nicht lange an. Denn Vince Gilligan nimmt direkt die Fäden vom Finale der zweiten Staffel auf. Was passiert mit dem Tape, mit dem Jimmys Bruder Chuck ihn in die Falle gelockt hat? Wer hat Mike davon abgebracht, seinen tödlichen Auftrag auszuführen? Bereits nach zehn Minuten hat „Better Call Saul“ unter Beweis gestellt, mit wie vielen gleichwertig spannenden Handlungssträngen die Serie mittlerweile hantieren kann. Und das sogar auf verschiedenen Zeitebenen und mit nur sehr wenigen Figuren.

Die Prequel-Serie galt während der ersten Staffel noch als kleiner Bruder von „Breaking Bad“, ist aber auf dem Weg, eine ähnliche erzählerische Dichte zu erreichen wie die Serie mit Bryan Cranston als Walter White. Ein Grund dafür, dass in der dritten Staffel „Better Call Saul“ Figuren aus „Breaking Bad“ noch stärker in die Handlung einbezogen werden als zuvor.

Vince Gilligan (l.) und Bob Odenkirk.

So endet die erste Staffel von „Better Call Saul“
Während der Plot um Jimmys Streit mit seinem Chuck in den ersten zwei Episoden der neuen Staffel etwas in den Hintergrund gerückt wird, darf Mike Ehrmantraut (Jonathan Banks) eine Entdeckung machen, die er sich zwar noch nicht erklären kann, die den Zuschauern aber schon deutlich zeigt, dass das Thriller-Element in der Serie deutlich ausgebaut wird. In einer genüsslich über neun Minuten gestreckten Szene sehen wir Mike, der einen Peilsender manipuliert hat und nun ein Auto verfolgt. Ohne Worte verbringt er eine ganze Nacht in seiner Karre, folgt dem Peilsender von Schauplatz zu Schauplatz – bis die Kamera ein Restaurant ins Bild holt, das „Breaking Bad“-Zuschauern bereits bekannt ist: Los Pollos Hermanos.

Suspense in Reinkultur

Der Schriftzug kündigt die Rückkehr des ikonischen Schurken Gus Fring an, was übrigens kein Spoiler ist. Die gesamte Werbekampagne zur aktuellen Staffel war auf die Rückkehr Giancarlo Espositos als Fast-Food-Chef und Drogenbaron ausgelegt. In Werbespots war er bereits zu sehen, in vorherigen Folgen war ein Anagramm versteckt, das sein Comeback ankündigte.

https://www.youtube.com/watch?v=RTedfgwSsd4

Was die Autoren der Serie nun mit der Figur anstellen, ist Suspense in Reinkultur. Der Zuschauer weiß, welches Monster Gus Fring ist, zu welchen Massenmorden er fähig ist. Jimmy und Mike, die nun auf ihn treffen, haben keinen blassen Schimmer. Im Gegensatz zu anderen Serien, die verloren geglaubte Charaktere ungeschickt und nur für den kurzen Aha-Effekte wieder einführen, nutzt „Better Call Saul“ das Repertoire von „Breaking Bad“ aus, um sehr sensibel Spannung aufzubauen. Eine nahezu greifbare Anspannung ersetzt zu Beginn der neuen Staffel den kauzigen Tonfall, von dem die Serie bisher lebte. Hauptdarsteller Bob Odenkirk bleibt somit die Aufgabe, mit etwas Humor die sich anbahnenden Katastrophen aufzulockern, womit er wieder bei seiner Funktion aus „Beaking Bad“ angekommen ist. Und „Better Call Saul“ fast auf dem Niveau dem großen Bruders.

Bon Odenkirk als Saul Goodman.
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