Blutkonserven


Tomaten greifen Menschen an, Weltraum-Monster springen aus dem TV-Gerät, Zombies lauern in dunklen Kellern und eine außerirdische Süßspeise überfällt die USA. Fernab vom etablierten Filmgeschäft hat sich auf dem Videomarkt eine cineastische Nische für Freunde des Schrillen und Skurrilen entwickelt. Zwei Dinge haben die hier erwähnten Filme gemeinsam: Es gibt sie ausschließlich auf Video und sie sind allesamt mit wenig Aufwand, aber viel Phantasie gemacht.

Da ist einmal der legendäre Gemüse-Reißer „Angriff der Killertomaten“ (Virgin Video). John de Beilos pralles B-Picture aus dem Jahre 1977 schildert die Invasion der USA durch aggressive Tomaten in allen möglichen Größen. Ein Gemüse sieht rot. Der Angriff der Killer-Gewächse scheint unaufhaltsam. Auch ein Geheimagent im Tomaten-Kostüm scheitert. Er wird niedergemacht, als er bei einem Essen mit den Mörder-Früchten ausgerechnet nach Ketchup fragt.

Kaum weniger bizarr ist die Video-Premiere „Terror Vision“ (Vestron Video). In der prallen Horror-Komödie von Ted Nicolaous kriechen eines Nachts sabbernde, schleimige Weltraum-Ungeheuer aus einem Fernsehgerät und fallen die entsetzten Zuschauer an – ein köstlicher Film-Klamauk.

In „Troll“ (Vestron Video), einer weiteren Video-Erstveröffentlichung, geht es ebenfalls hoch her. Kleine, bärenstarke Gnome terrorisieren in gemeinster Weise die Bewohner eines Großen Mietshauses. Das verschrobene Werk ist eine amüsante Mischung aus Märchen, Muppets-Show und Horror-Film, die sich kein Freund abgedrehter B-Pictures entgehen lassen sollte.

Hauptsächlich geeignet für die Fans der Spitäler-Fraktion sind die Filme der amerikanischen Produktionsgesellschaft Troma. Lloyd Kaufmann und Michael Herz gründeten die Billigfirma 1974 mit dem erklärten Ziel, für wenig Geld möglichst viele Filme zu drehen. Ihr Programm umfaßt vor allem herben Horror und drastische Komödien. Ins Kino gelangten bisher lediglich die epochalen Werke „Atomic Hero und „Überfall im Wandschrank“. Auf Cassette (Bullit-Video) sind jedoch u. a. die putzigen Titel „Die Zunge des Todes“. „Odyssee im Alptraum“, „Leichen an der Angel“, und “ Video Vixens“ erschienen. Hard Stuff für Freunde des Drastischen.

In Howard R. Cohens Horror-Parodie „Samstag, der 14. „(Virgin Video) geht es auch nicht gerade friedlich zu. Ein gerade geerbtes, aber schwer verwunschenes Haus macht einer netten Kleinfamilie wenig Freude. Neben der blutjungen Tochter taucht in der Badewanne plötzlich das Ungeheuer aus der Schwarzen Lagune auf, die Schwiegermutter wird von ihrem Mantel erwürgt, Vampire fallen ein, und im Kaffee zappeln lebende Augen. Sonst ist das alte Haus ganz nett.

Weniger nett, dafür um so gruseliger, kommt uns Alice Cooper in dem Reißer „Monster Dog“ (Pacific Video) daher. Der gute alte Rock-Horror-Opa spielt in dieser schrägen Video-Premiere einen Popstar (!), der sich in einen Werwolf verwandelt.

Das mit Abstand absurdeste Monster der Filmgeschichte treibt jedoch in Larry Cohens Film „The Stuff (Der Stoff) (CBS/FOX-Video) sein Unwesen. Alles beginnt ganz harmonisch: Jeder in Amerika mag die neue Eiscreme mit dem prägnanten Namen „Stoff‘. Die leckere weiße Masse ist jedoch in Wirklichkeit eine parasitäre Lebensform von einem anderen Planeten. Nachts schleicht das hübsch verpackte Todes-Dessert blubbernd im Kühlschrank umher. Die Wirkung auf den menschlichen Organismus ist grausig: „Stoff höhlt seine Opfer aus und macht sie zu seinem willenlosen Werkzeug: regelrechten Softeis-Zombies.

Gegen Ende des Filmes helfen auch mahnende Worte aus dem Rundfunk nicht mehr: „Meine amerikanischen Mitbürger: Wir werden angegriffen von einer Nachspeise namens .Stoff. Ich fordere Sie auf: Essen Sie sie nicht. Ich wiederhole: Essen Sie sie nicht… Doch zu spät. Amerika ist an einer Süßspeise zugrunde gegangen. Ernährungswissenschaftler haben das schon immer vorausgesagt.